Beurteilungsgrundlage - Änderung des Richtergesetzes geplant

Die Vorgaben des BVerwG sollen in einer Neuregelung von § 9 des Richtergesetzes des Landes Berlin (§ 9 RiG Bln) umgesetzt werden

 

Das Land Berlin will die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) umsetzen, wonach die wesentlichen Grundzüge der dienstlichen Beurteilung gesetzlich zu regeln sind. Das BVerwG hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 2 B 63.20 – die maßgebliche Vorschrift des Brandenburgischen Richtergesetzes als defizitär bezeichnet. Die Vorschrift enthalte lediglich eine Blankettermächtigung, die es der obersten Dienstbehörde überlasse, dienstliche Beurteilungen in Form von Beurteilungsrichtlinien zu regeln. Dies genüge dem verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgebot nicht. Das BVerwG hat seine Rechtsprechung in einem Urteil zu rheinland-pfälzischen Beurteilungsregelungen bekräftigt und konkretisiert (Urteil vom 7. Juli 2021 – 2 C 2.21).

Diese Vorgaben soll eine Neuregelung von § 9 des Richtergesetzes des Landes Berlin (§ 9 RiG Bln) umsetzen. Der Entwurf entspricht einer identischen Entwurfsfassung zur Änderung des Brandenburger Richtergesetzes. Der Entwurf des neuen § 9 RiG Bln enthält (lediglich) Vorgaben zum Beurteilungssystem, zur Bildung des Gesamturteils und eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung, welche die weitere Ausgestaltung des Beurteilungswesens regeln soll.

Die Delegation der Entscheidungshoheit vom Gesetzgeber an die Verwaltung mit der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ist nach der Rechtsprechung des BVerwG zwar zulässig. Ferner ist die Detailschärfe der gesetzlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich stark ausgeprägt. Berlin regelt mit dem Gesetzentwurf unserer Ansicht nach jedoch weniger als das Mindestmaß. Denn im Ergebnis wird das Beurteilungswesen nicht detailliert durch das Richtergesetz normiert, sondern soll die bisherige Verwaltungsvorschrift lediglich auf den Rang einer Rechtsverordnung erhoben werden. Der Urheber bleibt unverändert: Die Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung.

Wir haben zu dem Entwurf des § 9 RiG Bln Stellung genommen und betont, dass mit dem Entwurf nicht alle wesentlichen Regelungen auf gesetzlicher Ebene getroffen werden und der Entwurf hinter den vom BVerwG entwickelten verfassungsrechtlichen Anforderungen zurückbleibt. Unserer Ansicht nach ist der Entwurf nicht bestimmt genug, um eine Beurteilung in angemessenen Zeitabständen sicherzustellen; er gibt nicht vor, dass die Ableitung des Gesamturteils aus den genannten Einzelkriterien zu erfolgen hat und lässt bei Assessoren unzulässigerweise auch zwei Kurzbeurteilungen unmittelbar vor der Ernennung zu. Wir haben gefordert, dass – wie nach den Art. 54 ff. Bay LlbG – mindestens folgende Punkte gesetzlich geregelt werden sollten, da dies für die Verwaltung und die zu Beurteilenden die Verbindlichkeit des Verfahrens erhöht: der Rhythmus der Beurteilung, die Ausnahmen von der Beurteilungspflicht, die Grundlagen der Beurteilung, der Inhalt einer Beurteilung die Beurteilungsmaßstäbe und das Bewertungssystem, die Zuständigkeit für die Beurteilung und das Verfahren der Beurteilung.

Plakativ hat sich auch der Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat mit Schreiben vom 11. Februar 2022 geäußert: „… der Gesetzesentwurf erscheint … als ein schnelles schlankes Änderungsverfahren, bei dem im Grunde alles beim Alten bleiben und der eigentliche Inhalt aus Verwaltungsvorschriften lediglich formal in Rechtsverordnungen transferiert werden soll. … Das haben die Richter- und Staatsanwaltschaft als 3. Gewalt jedoch nicht verdient.“ Genau!

Ergänzend haben wir angeregt, die Verpflichtung zur justizinternen Veröffentlichung von Notenspiegeln gesetzlich zu regeln. Denn ohne Notenspiegel ist es den Beurteilten kaum möglich, die Wertigkeit ihrer Beurteilung einzuschätzen.

Die Stellungnahme des Berliner Richterbundes ist auf unserer Webseite unter www.drb-berlin.de in der Rubrik Stellungnahmen in voller Länge veröffentlicht.

Dr. Stefan Schifferdecker