Unsere Stellungnahme zu dem Entwurf für ein Gesetz zur Änderung von § 9 des Richtergesetzes

Hier unsere Stellungnahme vom 8. Februar 2022 im Rahmen der Beteiligung der Spitzenorganisationen der Berufsverbände nach § 7 des Berliner Richtergesetzes (RiGBln)

Entwurf für ein Gesetz zur Änderung von § 9 des Richtergesetzes des Landes Berlin

Beteiligungsverfahren

Wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme. Wir bitten, künftige Anschreiben nicht allein an eine der Vorsitzenden zu richten, sondern an unsere Verbandsadresse: info@drb-berlin.de

1. Der Entwurf bleibt unserer Ansicht nach hinter den verfassungsrechtlichen Anforderungen zurück und muss ergänzt werden (dazu 1.). Außerdem regen wir an, weitere inhaltliche Vorgaben für die zu erlassende Rechtsverordnung in das Richtergesetz aufzunehmen (dazu 2.).

Im Einzelnen:

Mit dem Entwurf zu § 9 RiGBln werden nicht alle wesentlichen Regelungen auf gesetzlicher Ebene getroffen, der Entwurf bleibt hinter den vom BVerwG entwickelten verfassungsrechtlichen Anforderungen zurück.

 

§ 9 Abs. 1 Satz 1  RiGBln-E

§ 9 Abs. 1 Satz 1  RiGBln-E, wonach eine Beurteilung „regelmäßig“ zu erfolgen hat, ist nicht bestimmt genug, um eine Beurteilung in angemessenen Zeitabständen sicherzustellen. Wir regen eine Regelung entsprechend § 21 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz oder entsprechend § 5 Abs. 1 LRiStG Baden-Württemberg an. Danach sind Beurteilungen regelmäßig, aber binnen einer Mindestfrist zu erteilen. Im RiG Bln erscheint eine Höchstfrist von fünf Jahren als angemessen.

 

§ 9 Abs. 1 Satz 3  RiGBln-E

§ 9 Abs. 1 Satz 3 RiGBln-E verlangt, dass Assessorinnen und Assessoren vor der Lebenszeiternennung zweimal zu beurteilen sind. Diese Anforderung ließe zwei Kurzbeurteilungen unmittelbar vor der Ernennung zu. Wir halten es aber für wesentlich, dass eine erste Beurteilung nach spätestens einem Jahr gesetzlich angeordnet wird. Damit wissen das Land Berlin und der oder die Beurteilte frühzeitig um die Eignung. Wir regen folgende Formulierung an:

„Richterinnen und Richter auf Probe sowie Staatsanwältin und Staatsanwälte zur Anstellung sind spätestens ein Jahr nach ihrer Ernennung sowie mindestens ein weiteres Mal vor ihrer Ernennung auf Lebenszeitbzw. Anstellung zu beurteilen.“

 

§ 9 Abs. 2 Satz 2 RiGBln-E

§ 9 Abs. 2 Satz 2 RiGBln-E, wonach die Beurteilung mit einem Gesamturteil abzuschließen hat, erscheint ebenfalls nicht bestimmt genug, da sie die Ableitung des Gesamturteils aus den in Satz 1 genannten Einzelkriterien nicht benennt. Der Entwurf regelt die wesentliche Überleitung der Einzelkriterien in das Gesamturteil unzureichend. Wir regen daher an, Satz 2 wie folgt zu fassen:

„Die Beurteilung schließt mit einem aus den Einzelmerkmalen nach Satz 1 zu entwickelnden und zu begründenden Gesamturteil ab“

 

§ 9 Abs. 3 Satz 1 RiGBln-E

§ 9 Abs. 3 Satz 1 RiGBln-E ist nicht ausreichend adressatengerecht formuliert. Wir regen an, die Regelung dahin zu ergänzen, dass die Beurteilung „der oder dem Beurteilten“ zu eröffnen ist.

 

Notenspiegel

Einige (auch gemeinsame) Obergerichte lehnen es ab, Notenspiegel zu erstellen und zu veröffentlichen. Ohne Notenspiegel ist es den Beurteilten kaum möglich, die Wertigkeit ihrer Beurteilung einzuschätzen. Es ist uns daher ein besonderes Anliegen, eine Veröffentlichungspflicht im Richtergesetz zu normieren. Wir regen insoweit an, § 9 um einen Absatz 5 zu ergänzen:

„Die Präsidentinnen und Präsidenten der oberen Landesgerichte sowie die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt in Berlin – und soweit das Richtergesetz Brandenburg eine solche Regelung nicht enthält, auch das Sozialgericht Berlin – veröffentlichen justizintern jährlich eine Übersicht der in ihrem Geschäftsbereich im letzten Jahr vergebenen Noten in einem Notenspiegel.“

2. Im Übrigen regen wir an, weitere Vorgaben zur Beurteilung auf der Ebene des Gesetzes zu regeln.

Mindestens folgende Punkte sollten – wie nach den Art. 54 ff. Bay LlbG – gesetzlich geregelt werden, da dies für die Verwaltung und die zu Beurteilenden die Verbindlichkeit des Verfahrens erhöht:

  • der Rhythmus der Beurteilung,
  • die Ausnahmen von der Beurteilungspflicht,
  • die Grundlagen der Beurteilung,
  • der Inhalt einer Beurteilung
  • die Beurteilungsmaßstäbe und das Bewertungssystem,
  • die Zuständigkeit für die Beurteilung
  • das Verfahren der Beurteilung

 

3. Wir bitten, uns frühzeitig den Entwurf der zu erlassenden Rechtsverordnung nach § 7 RiGBln zur Stellungnahme zuzuleiten.

                                                                                  

 

Katrin Elena Schönberg                                            Dr. Stefan Schifferdecker
Vorsitzende                                                                Vorsitzender