Vom Notbetrieb zurück zur Normalität?

 

Im März 2020 wurden alle Berliner Gerichte sowie die Staatsanwaltschaften in einen Notbetrieb überführt - eine Herausforderung für alle Beteiligten. Nun nehmen wir den Behörden- und Gerichtsbetrieb langsam wieder auf. Lesen Sie über die Erfahrungen aus Berlin

Landgericht

Die Zivilkammern des Landgerichts Berlin, Dienststelle Tegeler Weg wurden durch die Landgerichtsverwaltung vorbildlich durch die heiße Phase der Krise geführt. Zwischen dem 16. März und dem 27. Mai gab es insgesamt 30 auch an die privaten E‑Mail-Adressen der Richterinnen und Richter versandte „Pandemie-Rundschreiben“, in denen die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Infektionslage in den Dienststellen und die für das Landgericht geltenden Regelungen gut aufbereitet dargestellt wurden.

Der Dienstbetrieb wurde ab Mitte März kontinuierlich reduziert und die Anwesenheit im Dienst auf die Personen im Notbetrieb eingeschränkt. Zur Aufrechterhaltung der Kommunikation mit den Gerichtsangehörigen wurden Kontaktlisten mit den Handy-Nummern und privaten E-Mail-Adressen aller Dienstkräfte angelegt. Urlaubsheimkehrer aus Risikogebieten und Personen, die zu einer positiv getesteten Person unmittelbaren Kontakt hatten, gleichgültig ob sie selbst Symptome aufwiesen oder nicht, unterlagen seit März einem Betretungsverbot für das Landgerichtsgebäude. Die Bediensteten des Justizwachtmeisterdienstes wurden angehalten, Personen mit offensichtlichen Erkältungssymptomen den Zutritt zum Dienstgebäude zu verweigern. Die publikumsintensiven Bereiche des Gerichts wurden für die Öffentlichkeit gesperrt und Zutritt nur gestattet, so er zur Teilnahme an öffentlichen Verhandlungen erforderlich war. Diese Beschränkung gilt noch bis zum 30. Juni.

Es wurde zunächst die Empfehlung ausgesprochen, alle nicht eilbedürftigen Sitzungen bis zum 17. April aufzuheben. Die Entscheidung über die Durchführung von Sitzungen blieb aber zu allen Zeiten den Vorsitzenden überlassen, die auch angehalten wurden, in zwingend durchzuführenden Verhandlungen auf die Einhaltung des Abstandsgebotes hinzuwirken und die Teilnehmenden in Anwesenheitslisten zu erfassen.

Bekanntlich sind die technischen Möglichkeiten der Übertragung von Arbeitsergebnissen vom häuslichen Arbeitsplatz in das Berliner Landesnetz absolut unzureichend und nicht auf die in der Pandemie gebotene Ausweitung des häuslichen Arbeitens ausgerichtet. Die Empfehlung der Landgerichtsverwaltung war die Übermittlung im Text einer E-Mail oder die Versendung von Dokumenten als verschlüsselte Word-Datei. Sofern die von den nichtrichterlichen Mitarbeitenden zu erledigen Tätigkeiten in häuslicher Arbeit wahrgenommen werden können, sollte davon in erheblichem Umfang nach Rücksprache mit den Vorgesetzten Gebrauch gemacht werden. Sofern häusliche Arbeit nicht in Betracht kommt, wurden in den Teams die Möglichkeiten des gestaffelten, zeitversetzten Arbeitens geprüft. Hiervon wurde in weiten Teilen Gebrauch gemacht. Am 8. April erfolgte die Empfehlung an die Vorsitzenden der Zivilkammern, die nicht eilbedürftigen Sitzungen im Zeitraum bis zum 30. April aufzuheben.

Am 24. April berichtete die Verwaltung über die Ergebnisse der Auswertung der Begehung der drei Dienststellen durch den arbeitsmedizinischen Dienst und teilte mit, dass der Betriebsarzt bei Einhaltung der Hygieneregeln, insbesondere des Abstandsgebots, bei einer Tätigkeit in den Dienststellen des Landgerichts Berlin und bei einer Sitzungsteilnahme kein erhöhtes Risiko einer Ansteckung sehe. Nur für Situationen, in denen das Abstandsgebot von 1,5 Metern für einen längeren Zeitraum nicht eingehalten werden könne, sei ein „Barriereschutz“ in Gestalt einer Maske oder einer Plexiglasscheibe empfehlenswert. Auch eine über eine Reinigung mit einem feuchten Tuch oder einem Haushaltsreiniger hinausgehende spezielle Desinfektion sei nicht erforderlich, auch bei von mehreren Personen genutzten Tastaturen, Mikrofonen etc. Daran anknüpfend wurde die Empfehlung ausgesprochen, den Sitzungsbetrieb grundsätzlich wieder aufzunehmen. Das Wiederanlaufen des Sitzungsbetriebs wurde dadurch flankiert, dass sämtliche nichtrichterlichen Dienstkräfte ab dem 4. Mai wieder zur Arbeit an der Gerichtsstelle aufgerufen wurden. Die baulichen Änderungen in den Sitzungssälen beschränken sich seitdem im Wesentlichen auf eine „Entzerrung“ der Sitzordnung.

Die liegengebliebene Post wurde durch die Servicekräfte schnell nachbearbeitet. Seit Ende Mai dürften die Geschäftsstellen im Wesentlichen alle wieder „tagesaktuell“ arbeiten und der Vollbetrieb ist wieder aufgenommen. Letztlich ist das Landgericht am Tegeler Weg mit sieben Wochen Notbetrieb „davongekommen“, wobei davon zwei Wochen in die Zeit der Osterferien fielen. Meiner Einschätzung nach sind daher bislang die coronabedingten Verwerfungen überschaubar und im Wesentlichen bereits überwunden.

Dr. Patrick Bömeke

AG Tempelhof-Kreuzberg, Familiensachen

Während des Notbetriebes am Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg waren in den Familiensachen täglich jeweils zwei Richterinnen und Richter anwesend und zuständig für alle ihnen an dem Tag vorgelegten Akten. Zu diesen Akten gehörten neu eingegangene Eilsachen, aber auch bereits anhängige Verfahren, in denen Posteingänge als eilig eingestuft worden sind. Die Ersteinschätzung eilig / nicht eilig erfolgte bereits in der Posteingangsstelle in Zusammenarbeit der Wachtmeister und der an dem jeweiligen Tag anwesenden Geschäftsstellen. Die sodann vorgelegten Akten wurden durch die Richter und Richterinnen noch am selben Tag entschieden oder, falls zwingend erforderlich, ein Anhörungstermin anberaumt. Dadurch wurden die eiligen Verfahren umgehend bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt. Hinsichtlich der Eilverfahren ist es nach meiner Einschätzung somit zu keinen Verzögerungen gekommen.

Das Hochfahren des Gerichtsbetriebes erfolgte dann relativ schnell. Zunächst haben die Geschäftsstellen während des noch laufenden Notbetriebes alle in der Zwischenzeit eingegangene Post und liegengebliebene Fristen vorbereitet, die zuvor nicht als eilig eingestuft worden sind. Eine Woche später konnten dann die Richterinnen und Richter wieder in ihren zuständigen Abteilungen tätig werden. Zunächst sollten nur Anhörungen stattfinden, die von dem jeweiligen Richter oder der Richterin als zwingend erforderlich eingeschätzt worden sind. Seit Ende Mai findet jedoch weitestgehend Normalbetrieb statt, dieser wird lediglich durch die erhöhten Hygiene- und Abstandsregeln eingeschränkt. Und auch die Jugendämter scheinen ihre Arbeit wieder voll aufgenommen zu haben. Nachdem während der Hochphase der Pandemie nur Stellungnahmen in den Kinderschutzfällen erfolgt sind, gehen nunmehr auch wieder Berichte zu den anderen Kindschaftssachen ein.

Katharina Agathe Koslowski

AG Spandau, PsychKG-Richter

Ein kurzer Beitrag zur Tätigkeit als PsychKG-Richter beim Amtsgericht Spandau in Coronazeiten? Hier kommt er: Zu Beginn war das "Geschäft" ruhig, aber nach einigen Wochen kam eine Phase, da gab es doppelt so viel zu tun wie sonst: Viele psychisch kranke Menschen hatten offensichtlich keine Reserven mehr, um den Corona-Stress zu verarbeiten, und mussten entweder ins Krankenhaus oder waren bereits dort und wurden dort so aggressiv gegenüber anderen Patienten oder Ärzten und Pflegern, dass sie fixiert werden mussten. Das führte zwar dazu, dass ich manchmal vor Arbeit nicht wusste, wo mir der Kopf stand, sonst war Corona dadurch aber für mich vielleicht weniger belastend als für manch Anderen, denn die Arbeit musste ja nicht grundlegend umstrukturiert werden. Und das Ansteckungsrisiko war nach meiner Einschätzung im Krankenhaus nicht so hoch wie bei jedem Besuch im Supermarkt: Alle neu aufgenommenen Psychiatrie-Patienten kamen zunächst auf eine eigens eingerichtete Aufnahmestation, wo sie auf Covid-19 getestet wurden. Wenn das Ergebnis vorlag, wurden sie entweder auf eine der regulären Stationen oder eine weitere neu eingerichtete Station für positiv getestete Patienten verlegt. Falls Anhörungen auf der Aufnahmestation und der Station für positiv getestete Patienten anstanden, musste sich das "hohe Gericht" Pflegerkleidung, Plastik-Clogs, einen Einmal-Kittel, eine FFP-2-Maske, ein Visier und Einmal-Handschuhe anziehen und mitunter auch eine Haube aufsetzen und dann versuchen, unter Einhaltung des gebotenen Abstands von 1,5 Metern mit den Patienten ein zugewandtes Gespräch zu führen. Dieses "Setting" war zwar etwas bizarr, minimiert aber eben auch das Ansteckungsrisiko. Mittlerweile ist es in der Psychatrie in Spandau wieder so hektisch und so ruhig wie in normalen Zeiten – genauso, wie die Aufregung wegen Covid-19 insgesamt weniger geworden ist.

Alfred Thiel RiAG, Amtsgericht Spandau

Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht Berlin begegnete dem SARS-CoV-2-Virus mit einem mehrstufigen Pandemieplan und einem Pandemiekrisenstab, der das Infektionsgeschehen in kurzen Abständen neu bewertete und ggf. Maßnahmen ergriff oder lockerte. Ab dem 19. März war je zwei Kammern eine Servicekraft im Einsatz, die ihre Arbeitskraft vorrangig der Bearbeitung von Eilsachen widmete. Für jede Kammer war im Regelfall eine Richterin bzw. ein Richter anwesend, der Rest arbeitete im Homeoffice. Die Kammern verteilten die Wochentage individuell unter den Berichterstatterinnen und Berichterstattern. Termine fanden nach meinem Wissen nicht mehr oder nur noch ganz vereinzelt statt. Ab dem 23. März wurde der Publikumsverkehr vollständig eingestellt. Öffentliche Sitzungen waren von da an nur noch ausnahmsweise möglich. Erste Lockerungsübungen begannen ab dem 20. April: Die Rechtsantragsstelle wurde wieder geöffnet und Akteneinsicht wurde unter Berücksichtigung der Infektionsschutzregeln wieder ermöglicht. Vereinzelte Sitzungen konnten ab der 18. Kalenderwoche durchgeführt werden, nachdem die (großen) Säle hierfür Corona-tauglich gemacht worden waren, etwa durch Plexiglasbarrieren, weniger Zuschauersitze, Abstandsmarkierungen und Gesichtsmasken. Nach dieser Probephase startete in der Zeit ab dem 4. Mai der „new normal“ Sitzungsbetrieb mit Handreichungen für die Richterinnen und Richter, um den Sitzungsablauf infektionsschutztechnisch bedenkenfrei zu gestalten. Nunmehr hat jede Kammer die Möglichkeit, an einem Tag in der Woche Einzelrichtersitzungen abzuhalten. Kammersitzungen sind nur im Plenarsaal und aus diesem Grund nur eingeschränkt möglich. In kleineren Sälen können auch Erörterungstermine stattfinden. Zuschauer und Beteiligte werden gebeten, ihre Kontaktdaten für den Pandemiebeauftragten zu hinterlassen. Büros können auch wieder doppelt besetzt werden. Die Geschäftsstellen haben den im Notbetrieb aufgelaufenen Rückstau schnell bewältigt. Während der Hochphase der Pandemie wurden die Beschäftigten des Verwaltungsgerichts Berlin in regelmäßigen Abständen in Form sogenannter „Mitteilungen zur Coronavirus-Pandemie“ informiert. Eilige Sachen wurden durchweg in der normalen Zuständigkeit bearbeitet. Die weiter bestehenden Einschränkungen sind auf der Website des Verwaltungsgerichts Berlin abrufbar: https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/

Teoman M. Hagemeyer

 
Sozialgericht

Das Sozialgericht Berlin hatte den Notbetrieb vor Ort zunächst auf die Bearbeitung der Eilverfahren beschränkt. Hierzu wurde ein Präsenzdienst eingerichtet und der Geschäftsverteilungsplan geändert. Täglich waren sieben Richterinnen und Richter zur Bearbeitung von Anfragen und den ersten Blick auf neue Eilanträge vor Ort. Da alle Richterinnen und Richter über VPN-Tunnel auf ihre Akten zugreifen können, war die elektronische Arbeit an den Akten auch aus dem heimischen Arbeitszimmer möglich. Bei der Bearbeitung der Eilverfahren gab es keine Verzögerungen.

Das Hochfahren des Gerichtsbetriebes gestaltet sich zäh. Die Bearbeitung der Hauptsachen läuft erst langsam wieder an. Ausgehend von der nicht umstrittenen Grundsatzentscheidung, dass aus Gründen des Gesundheitsschutzes nur eine Person pro Büro anwesend sein soll, ergaben sich zunächst erhebliche Engpässe in den Geschäftsstellen. Die Kapazitäten wurden durch 25 Heimarbeitsplätze von Geschäftsstellenmitarbeitern erhöht, jedoch senkten die unerwarteten und komplizierten neuen Arbeitsabläufe die Bearbeitungsleistung zunächst deutlich. Es zeigte sich schnell, dass die gute technische Ausstattung wenig hilft, wenn die gesetzlich noch zwingende Aktenbearbeitung in Papierform und damit die Aktenbearbeitung in den Geschäftsstellen stockt. Um den immer unruhiger werdenden Richterinnen und Richter Aussicht auf Abbau ihrer elektronisch vorbereiteten Verfügungen zur geben, vereinbarten die Hausleitung und die Gremien tägliche Kontingente zu Vorlage an die Geschäftsstellen.

Langsam entspannt sich die Lage. Die Arbeitsabläufe wurden mehrfach nachjustiert, neue Wege wurden gefunden, die ungleiche Arbeitsbelastung der Geschäftsstellen vor Ort und im Homeoffice wurde angeglichen. Die Richterinnen und Richter können die in der Krisenzeit elektronisch erarbeiteten Verfügungen in Zusammenarbeit mit den Geschäftsstellen nun Stück für Stück abbauen. Erste Verhandlungen sind wegen neuer Ausstattung in den Sälen möglich. Zur Wahrung der Abstandsregeln können nicht alle Sitzungssäle für Kammersitzungen genutzt werden, so dass eine aufwendige zentrale Verteilung der Sitzungssäle erforderlich ist. Von einem Normalbetrieb ist das Sozialgericht jedoch noch erheblich entfernt.

Dr. Stefan Schifferdecker

Zivilsenat des Kammergerichts

Die Ereignisse um das Corona-Virus haben das seit Ende September 2019 mit dem Internet-Virus kämpfende Kammergericht mit voller Wucht inmitten der Einführung von forumSTAR getroffen. Am 16. März 2020 ist mit dem Roll out des Systems begonnen worden und am 18. März 2020 war alles erstmal wieder vorbei.

Den Richterinnen und Richtern wurde vom Präsidium empfohlen, grundsätzlich alle Sitzungen aufzuheben und mündliche Verhandlungen nur noch in unaufschiebbaren Eilfällen durchzuführen. Zugleich wurde ein Notdienstplan erstellt, nachdem vom 18. März 2020 bis 17. April 2020 werktags zwei Zivilsenate, ein Familien- und ein Strafsenat für die Sichtung und ggf. weitere Behandlung der eingehenden Verfahren zuständig waren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Geschäftsstellen wurden nach Hause geschickt, so dass lediglich die Geschäftsstellen der „Notdienstsenate“ anwesend waren, die im Rahmen des Möglichen Eilbedürftiges anderer Senate miterledigten. Die nur noch über die zentrale Faxnummer eingehenden Schriftsätze wurden in den größtenteils verwaisten Geschäftsstellen abgelegt.

In meinem (Zivil-)Senat fand eine Zuordnung der Eingänge zu den Verfahrensakten oder deren Vorlage nicht mehr statt. Die von den uns weitgehend zu Hause bearbeiteten Verfahren stapelten sich auf der Geschäftsstelle. Eine Kommunikation mit den Anwältinnen und Anwälten, die sich um Auskunft hinsichtlich ihrer – teilweise mehrfach gestellten – Fristverlängerungsanträge bemühten, erfolgte durch die Richterinnen und Richter telefonisch oder auch per E-Mail.

Einige Mitarbeiter anderer Geschäftsstellen haben zwar schon vor dem langsamen Einstieg in den Normalbetrieb mit der Aufarbeitung der Reste begonnen. Nach meiner Wahrnehmung beklagten aber zahlreiche Kolleginnen und Kollegen einen erheblichen Rückstau nicht bearbeiteter Verfahren. Diese Situation hat sich – jedenfalls in meinem Senat – auch wegen der zugleich verlangten Anlage der (Alt-) Verfahren in forumSTAR erst in den ersten Juniwochen normalisiert.

In meinem Senat sind zudem von Mitte März bis Ende Mai knapp 30 Verhandlungstermine aufgehoben worden, deren Neuterminierung auch angesichts der Regelung des § 227 Abs. 3 ZPO Probleme bereitet.

Katrin-Elena Schönberg

Strafsenat des Kammergerichts

Bei den Strafsenaten des Kammergerichts trat Corona auf wie der Spätfrost. Nach dem Emotet-Desaster, das uns eiskalt erwischt hatte, glaubten wir, der harte Winter sei vorbei. Aber die eisigen Nächte kamen mit Wucht zurück. Wir Gärtner im Weinberg des Strafrechts wissen zwar: Mit der richtigen Vorbereitung lassen sich Frostschäden vermeiden. Aber Emotet und Corona – da hatten sich zwei gefunden und nachgerade zu einer Bande, was sage ich, zu einer kriminellen Vereinigung verbunden.

Tatsächlich kann man Corona am Kammergericht nicht ohne Emotet bewerten. Corona hat den Wiederaufbau und die Rückkehr in die IT-Normalität und damit in eine funktionierende Rechtspflege, sozusagen in eine wirklich ordentliche Gerichtsbarkeit, merklich verzögert.

Fachlich war es so, dass sich aus Corona tatsächlich Rechtsfragen ergaben. Vornehmlich ging es darum, dass Haftsachen bei den Vordergerichten nicht so schnell verhandelt und abgeschlossen werden konnten, wie es vorgesehen war und üblich ist. In einem Fall etwa war die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, weil drei inhaftierte Zeugen aus Bayern verschubt werden und zwei weitere Zeugen von dort anreisen mussten; die beteiligten Stellen sahen sich nicht in der Lage, die Gesundheit aller zu gewährleisten. In den mir bekannten Fällen ist es nicht zu Freilassungen wegen Corona in der Beschwerdeinstanz gekommen. Zuletzt gingen die Eingangszahlen in jedenfalls meinem Senat etwas zurück. Durch die Kollegen beim Amts- und Landgericht ist weniger verhandelt und entschieden worden. Es liegt auf der Hand, dass ein geringerer Urteilsoutput dort zu weniger Rechtsmittelinput bei uns führt. Mein Senat ist auch für Rechtsmittel gegen Bußgeldsachen zuständig. Auf die Corona-Ordnungswidrigkeiten können wir, was Zahl und Inhalt angeht, gespannt sein. Und übrigens: Frühling mit Frost und Wind macht den Sommer lind.

RiKG Urban Sandherr