Dr. Felor Badenberg ist seit dem April 2023 Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Berlin. Die beiden Vorsitzenden des DRB Berlin haben sich mit ihr zu einem Gespräch über die aktuelle Situation
der Justiz getroffen. Es war nicht nur ein freundliches Kaffeetrinken. Wir hatten bereits länger den Wunsch, uns mit der Senatorin zu treffen. Am 4. April 2024 klappte es und es kam zu einem Gespräch.
Erstes Thema war die Einführung der e-Akte und die IT-Ausstattung an den Gerichten. Wir vertraten die Ansicht, diese Aufgaben seien jeweils „Chef(innen)sache“. Wir erläuterten, dass die Lage gerade in der ordentlichen Gerichtsbarkeit noch desolat sei. Dem trat Frau Dr. Badenberg entschieden entgegen. Ihr sei zwar der Rückstand bei der Einführung der e-Akte bekannt und es sei klar, dass Berlin den Umstieg bis zum Jahr 2026 schaffen müsse. Die zuständigen Kolleginnen und Kollegen hätten ihr aber mitgeteilt, es laufe alles „nach Plan“. Sie selbst habe nach den Berichten der zuständigen Abteilungen keine Zweifel, dass Berlin auf dem besten Weg sei, den Umstieg ohne größere Hindernisse zu schaffen. Detailprobleme stünden in der Verantwortung der Verwaltung des Kammergerichts. Wir zeigten uns stark verwundert und erwiderten, dass die Praxis es anders sehe. Ihre Argumentation bilde genau das ab, was die Kolleginnen und Kollegen so aufbringe: Man verweise auf eine „Zuversicht“ und schiebe die Verantwortung auf andere. So entstehe der Eindruck, die Berliner Justiz „wurschtele“ sich wieder einmal durch. Die Senatorin hielt dem entgegen, unpräzise Kritik einer Interessenvertretung brächte die Sache nicht voran. Sie brauche konkrete Vorschläge und keine nebulöse Unzufriedenheit. Das wiesen nun wir zurück und erklärten, eine klare Führung zur Lösung der dringenden IT-Fragen zu vermissen. Es sei nicht unsere Aufgabe, Organisationsstrukturen der Verwaltung auf Verbesserungspotentiale zu analysieren. Dennoch haben wir zugesagt und auch vereinbart, über Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken und diese zu unterbreiten.
Einig waren sich die Senatorin und wir hingegen bei dem zweiten Thema, der Bedeutung der Nachwuchsgewinnung. Wir freuten uns, dass Frau Dr. Badenberg unsere Ansicht mit Überzeugung teilt, die Justiz müsse sich noch besser für den Nachwuchs einsetzen. Die Einstellungsvoraussetzungen dürften nicht noch weiter abgesenkt werden. Die Senatorin trat dabei unseren Befürchtungen entgegen, dass gerade im Bereich der Generalstaatsanwaltschaft bei Einstellungen z.A. die Mindestanforderungen wegen Personalproblemen unterschritten werden könnten. Sie erläuterte außerdem die Anstrengungen der Verwaltung, die Zeiten zwischen Bewerbungsgespräch und Einstellung zu verkürzen. Wir berichteten unsererseits vom Nachwuchskonzept für die ordentliche Gerichtsbarkeit, welches die Senatorin noch nicht im Detail kannte. Zu dessen Umsetzung sagten wir unsere volle Unterstützung sowie die Bereitschaft zu, unter den gestandenen Kolleginnen und Kollegen für die Ideen des Nachwuchskonzeptes zu werben.
Ein drittes Thema betraf die Besoldung und Versorgung. Die Senatorin nahm hier unsere Bitte um ihre Unterstützung auf. Da die Zuständigkeit für Besoldungsfragen bei der Finanzverwaltung liegt, baten wir darum, sich der langjährigen Entwicklung entgegen zu stellen, die Abstände zwischen den unteren Besoldungsgruppen und der R-Besoldung durch Sockelbeträge, Einmalzahlungen und Nichtgewährung der Hauptstadtzulage einzuschmelzen. Wie wiesen ergänzend darauf hin, dass in Brandenburg für die R-Besoldung eine 10-prozentige Besoldungserhöhung geplant sei, so dass vorübergehend ein überdeutlicher Besoldungsunterschied bei gemeinsamen Obergerichten bestehen werde. Frau Dr. Badenberg sagte überzeugend Unterstützung zu, um in Berlin den Beruf der Richterin, des Richters bzw. der Staatsanwältin, des Staatsanwalts wieder attraktiver zu machen.
Fazit: Für Dr. Badenberg ist die IT-Ausstattung der Justiz bislang leider eher ein Reizthema und offensichtlich noch keine Herzensangelegenheit. Bei der Frage der zukunftsfähigen Personal- und Besoldungssituation, die unseren langen Ausbildungsweg und auch den Grundsatz der Bestenauslese berücksichtigt, haben wir in ihr hingegen eine Fürsprecherin. Die Diskussion mit Frau Dr. Badenberg war herausfordernd, lässt uns aber – endlich wieder – auf einen deutlich mehr auf die Justiz fokussierten Einsatz einer für die Justiz zuständigen Senatorin hoffen.
Katrin-Elena Schönberg
Dr. Stefan Schifferdecker