HRSR fordert Rüge von Senatoren Pop und Lederer

HRSR hat vom Regierenden Bürgermeister von Berlin eine Rüge der Senatoren Pop und Dr. Lederer gefordert

Der Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat (HRSR) hat vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Dr. Michael Müller, eine Rüge der Senatoren Ramona Pop (Grüne) und Dr. Klaus Lederer (Die Linke) gefordert.

Beide Senatoren haben öffentlich in einem Artikel des Tagesspiegels vom 2.6.2021 und einem Bericht des rbb die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin wegen unberechtigt bezogener Coronahilfen heftig kritisiert. Nach Ansicht des HRSR erfolgte die Kritik in einer Art und Weise, die dem Ansehen der Justiz massiv schade.

Die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop ist hierzu wie folgt zitiert worden: „Dass die Ermittler gegen Selbstständige und Kleinunternehmer strafrechtlich vorgingen, obwohl diese unberechtigterweise erhaltene Hilfsgelder wieder zurückgezahlt hatten, sei ´sehr fragwürdig´.“ In der Presse hieß es weiter: „Auch Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ließ seiner Wut über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft freien Lauf. „Was läuft eigentlich bei der Staatsanwaltschaft, dass diese öffentlichen Ressourcen eingesetzt werden, um diese Verfahren zu betreiben?“ Mit den Verfahren setze man „eine bürokratische Lawine in Gang“ und löse bei den Betroffenen „Angst und Schrecken“ aus. Er finde, „etwas mehr Respekt vor der Gesamtlage“ von Seiten der Ermittler sei angebracht.“

Justizsenator Dr. Behrendt hat hingegen klargestellt, wann in diesen Fällen rechtlich ein vollendetes Delikt gegeben ist und spätere Rückzahlungen keinen strafbefreienden Rücktritt darstellen.

Der HRSR hat gerügt, dass die Äußerungen der Senatoren Pop und Dr. Lederer einem Grundpfeiler der deutschen Rechtsstaatlichkeit eklatant widersprächen – dem Legalitätsgrundsatz der Anklagebehörde nach § 152 Abs. 2 StPO. Zwingend müsse die Staatsanwaltschaft bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten einschreiten. Es sei erschreckend, wenn Senatsmitglieder mit den Grundpfeilern der Rechtsstaatlichkeit nicht vertraut seien. Die Politik dürfe nicht nach eigenem Gusto entscheiden, wer mit staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren konfrontiert werde.

Die Äußerungen der beiden Senatsmitglieder würden die auf europäischer Ebene bestehende Einschätzung befeuern, dass die deutschen Staatsanwaltschaften keine hinreichende Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive bieten, um zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls befugt zu sein (EuGH, Urteil v. 27.05.2019 – C-508/18).

 

Dr. Stefan Schifferdecker