Grenzen der Doppelpräsidentschaft

Doppelpräsidentschaft kann zu Besetzungsmangel führen

Ist der Präsident eines Finanzgerichts zugleich Gerichtspräsident in einer anderen Gerichtsbarkeit, ohne dass der Geschäftsverteilungsplan erkennen lässt, mit welchem Bruchteil seiner Arbeitskraft er seinem Senat im Finanzgericht zugewiesen ist, so ist dieser Senat als erkennendes Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt. Mit dieser Begründung hat der Bundesfinanzhof laut Pressemitteilung durch Beschluss vom 14. März 2019 – V B 34/17 – ein unter Vorsitz des Präsidenten des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern ergangenes Urteil aufgehoben.

Erstinstanzlich hatte das Finanzgericht der Klage eines Steuerpflichtigen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde rügte das beklagte Finanzamt, dass das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Das Urteil sei unter dem Vorsitz des Gerichtspräsidenten ergangen, der zugleich Präsident des Oberverwaltungsgerichts gewesen sei und den Vorsitz in insgesamt fünf Senaten geführt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Präsident bei der Leitung von zwei Obergerichten und fünf Senaten den sich hieraus ergebenden Anforderungen habe nachkommen können.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil in der Person des Vorsitzenden ein Besetzungsmangel vorgelegen habe. Das oberste deutsche Finanzgericht hat dabei darauf abgestellt, dass das Vertrauen in die Sachlichkeit der Entscheidungsfindung gewährleistet sein müsse. Dies setze bei einer Doppelpräsidentschaft formal einen Geschäftsverteilungsplan voraus, aus dem sich ergebe, mit welchem Teil seiner Arbeitskraft der Präsident einem Senat zugewiesen sei. Nur dann könne beurteilt werden, ob der Präsident entsprechend dem Leitbild im erforderlichen Umfang seiner spruchrichterlichen Tätigkeiten nachkomme. Die Münchener Richter haben in diesem Zusammenhang eine Zuweisung im Umfang von mindestens 50 % der Arbeitskraft zur Senatsarbeit im Finanzgericht als erforderlich angesehen. Da der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts hierzu keine Angaben enthalten habe, sei der Spruchkörper fehlerhaft besetzt gewesen. Über die Zulässigkeit einer Doppelpräsidentschaft bei Gerichten unterschiedlicher Gerichtsbarkeiten überhaupt hat der Bundesfinanzhof somit nicht zu befinden gehabt. Er hat allerdings die Gelegenheit genutzt, die Bedeutung der Finanzgerichtsbarkeit als eigenständiger Fachgerichtsbarkeit zu betonen.

 

Dr. Udo Weiß