Gewerblicher Handel von Fotografien von Kolleginnen und Kollegen

Der Dienstherr muss dafür sorgen, dass Fotos ohne vollständigen Namen, nur zur Berichterstattung betreffend eines konkretes Verfahrens und nicht kommerziell gehandelt werden

 

Auf diversen Internetplattformen sind Fotografien aus dem Kollegenkreis zu finden, die dort zur weitergehenden Verwendung kommerziell angeboten werden. Beispielsweise sei hier www.imago-images.de genannt. Meist handelt es sich um Aufnahmen, die anlässlich konkreter Verfahren eingangs mit entsprechender Presseerlaubnis aufgenommen wurden. Zu Recht haben sich viele Kolleginnen und Kollegen beim Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat (HRSR) gemeldet, die mit einem solchen Vorgang nicht einverstanden sind. Es ist hier nicht beabsichtigt zu würdigen, ob rechtlich ein solcher (kommerzieller) Vorgang zulässig ist und ob die von uns angegangene Senatsverwaltung für Justiz, Antidiskriminierung und Vielfalt rechtlich zutreffend darauf verweist, dass nicht sie, sondern nur die jeweils betroffenen Unterlassungsbegehren individuell gegen entweder die Plattformbetreiber oder deren Rechteerwerber geltend machen können. Das Verhalten der Senatsverwaltung ist deshalb so bedauerlich, weil es wieder einmal die berechtigten Wünsche der Beschäftigten mit schlanker Hand abtut und gar nicht das größere Gesamtbild wahrnimmt.

Die Hoheitsträgerinnen und Hoheitsträger sind immer stärker Anfeindungen aus gewissen Teilen der Bevölkerung ausgesetzt. Zuletzt standen die Kolleginnen und Kollegen, der Polizei und Feuerwehr unter dem Stichwort „Silvesterkrawalle“ im Fokus. Davor waren es Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Mit dem Hauptpersonalrat ist der HRRS in der Arbeitsgruppe „Keine Gewalt gegen Beschäftigte“ dabei, besseren Schutz für uns zu erreichen. Was aber nützen Einlasskontrollen und Co, wenn wir im Internet “Freiwild“ sind? Der (kommerzielle) Handel mit Fotografien von uns hat nämlich auch einen sicherheitsrechtlichen Aspekt. Mit Foto und Namen kann man mit oder ohne unterstützende Software das Internet durchsuchen und schließlich ganze „Steckbriefe“ über uns erstellen. Nach den Rückmeldungen an den HRSR gibt es – wenn auch vereinzelt – in der Tat Personen, die solche Steckbriefe angelegt haben oder anzulegen versuchen. Bereits ein vollständiger Name ermöglicht, an unsere Adressen heranzukommen. Deshalb haben schon verschiedene Richterratsvertreterinnen und –vertreter Bedenken gegen die europarechtliche Vorgabe angemeldet, dass bei elektronischen Signaturen der vollständige Name auch auf den Gerichtsentscheidungen generiert wird. Versuche, flächendeckend Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwalte mit Sperrvermerken in den Melderegistern zu versehen, sind bislang nie umgesetzt worden. Das Recherchieren zu den Lebensumständen ist nicht bloß Fantasie. Mir ist ein Fall bekannt, in dem eine konkrete Bedrohung in den Kontext eines Hobbys des Kollegen gestellt wurde.

Wir wollen auch nicht, dass unsere Fotos missbraucht werden. Eine Richterin oder Richter, die/der einer Räumungsklage stattgegeben hat, könnte sich bei der nächsten Demo als Zielscheibenfoto wiederfinden. Oder man ist auf dem Plakat einer verfassungsfeindlichen Partei abgebildet. Es reicht nicht, den Plattformbetreibern freie Hand zu lassen, welche Beschränkungen sie ggf. für den Kreis der Kunden und des Verwendungszwecks ziehen.

Daher muss der Dienstherr dafür sorgen, nachträglich in Verhandlungen mit den Plattformbetreibern und für die Zukunft ohnehin, dass Fotos von uns ohne vollständigen Namen, nur zur Berichterstattung betreffend eines konkretes Verfahrens und nicht kommerziell gehandelt werden. Dabei sind die Fotos in bestimmter Frist zu löschen. Das ist auf der eingangs genannten Plattform nicht der Fall. Pensionierte, z.T. auch bereits Verstorbene sind noch nach Jahrzehnten zu finden. So viel zum Recht auf Vergessen (vgl. dazu nur BVerfGE 152, 152-215). Ich würde die Plattformbetreiber und Pressefotografinnen und -fotografen einmal fragen, was sie denn davon halten, dass ihr Foto mit vollständigem Namen ins Internet gestellt wird und im Sachzusammenhang mit ihrer Tätigkeit.

Dr. Gregor Schikora

Vorsitzender des HRSR