Gefährdungslagen: Wie gut schützt uns der Dienstherr?

Der Berliner Landesverband des DRB möchte das derzeitige Schutzniveau untersuchen und Verbesserungen erreichen.

Auch der rbb recherchiert zu aktuellen Missständen. Helfen Sie mit.

Richter:innen und Staatsanwält:innen sind zunehmend Gefährdungslagen ausgesetzt, die nicht nur ihre Arbeitsbedingungen, sondern auch ihre private Sicherheit sowie die ihrer Familien betreffen können. So wirken Gefährdungslagen mit Dienstbezug nicht selten auch in den außerdienstlichen Bereich und die Privatsphäre hinein, seien es unerwünschte Kontaktaufnahmen wie Postzusendungen an Privatadressen oder Bedrohungen außerhalb des Dienstgebäudes.

 

Sicherheitsmaßnahmen bei Bedrohungen

In den letzten Jahren gab es in Berlin mehrere Fälle, in denen Richter:innen und Staatsanwält:innen bedroht wurden. Besonders brisant war der Schutz von Richterinnen, die mit Verfahren gegen organisierte Kriminalität, wie etwa EncroChat-Fällen, befasst waren. Drei Richterinnen wurden aufgrund von Drohungen aus dem Drogenmilieu unter Polizeischutz gestellt. Mitnichten sind derlei Gefährdungslagen jedoch – wie man meinen könnte – auf den Bereich der Strafjustiz beschränkt. So bedarf es wenig Phantasie, dass derlei Gefährdungslagen sich auch aus in allen anderen Gerichtszweigen anhängigen Verfahren ergeben könnten, insbesondere z.B. aus familienrechtlichen, sozialrechtlichen, aber auch für den einzelnen Prozessbeteiligten wirtschaftlich existenzbedrohlichen allgemein-zivilrechtlichen Sachverhalten. Weitere Vorfälle umfassten Drohbriefe, Gewaltandrohungen und sogar Einschüchterungsversuche im Gerichtssaal. Seit 2018 hat der Berliner Senat darauf zwar reagiert und Sicherheitsvorkehrungen verstärkt: Gerichtssäle wurden modernisiert, Alarmsysteme erneuert und Gepäckkontrollen eingeführt.

Unsere Mitglieder schildern uns aber immer wieder unangenehme bis brenzlige Situationen, denen aus unserer Sicht besser begegnet werden sollte.

 

Auskunfts- und Übermittlungssperren für Meldeanschrift und Kfz-Halterdaten

Auf die Möglichkeiten, bei Bestehen einer Gefährdungslage eine Auskunftssperre gemäß § 51 Abs. 1 BMG und/oder eine Übermittlungssperre in den Fahrzeugregistern nach § 41 Abs. 1 StVG zu beantragen, wird nach unserer Erfahrung von den Gerichtsverwaltungen nicht ungefragt, z.B. bei Dienstantritt, hingewiesen.

Nach unserer Kenntnis bedarf es zudem aufgrund ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 14.02.2017 – 6 B 49/16, Rn. 6) eines hohen Begründungsaufwandes, um eine Auskunftssperre im Melderegister zu erreichen. Häufig benötigen die Kolleg:innen hierfür Schreiben der eigenen Gerichtsverwaltungen, die die Gefährdungslage bestätigen. Doch nicht alle Gerichtsverwaltungen, insbesondere außerhalb der Strafjustiz, zeigen sich dabei kooperativ.

 

Ihre Mithilfe ist gefragt

Wir möchten Sie um Ihre Mithilfe bitten, um selbst einen bessren Eindruck zu bekommen. Haben Sie Erfahrungen mit Bedrohungen oder Übergriffen im dienstlichen oder außerdienstlichen Bereich gemacht? Haben Sie Erfahrungen hinsichtlich der Beantragung einer Auskunfts- oder Übermittlungssperre gemacht? Wie ist Ihr Sicherheitsgefühl im Dienst? Fühlen Sie sich etwa auf Amoklagen hinreichend vorbereitet und durch die Wachmeisterei hinreichend geschützt?

 

Auch der rbb recherchiert

Unter dem Arbeitstitel „Justiz unter Druck“ möchten zwei Journalisten des rbb in einem längeren Film innerhalb der ARD zeigen, wie Gerichtsvollzieher, Staatsanwälte, Ermittler und Richter zum Ziel von Beleidigungen, Bedrohungen oder gar Übergriffen werden. Sicherheitsbehörden wie das BKA sprechen davon, dass solche Vorkommnisse mittlerweile zum Alltag gehören und auch eine Umfrage unter Richter:innen deutet darauf hin. Allein die Zahl der bei den Einlasskontrollen des Moabiter Kriminalgerichts aufgefundenen Messer und anderer Stichwaffen, Pfefferspray, Schlagstöcke, Scheren und Hämmer von 22.824 im Jahr 2023 belegt, wie notwendig ein besserer Schutz für Justizbedienstete ist. Der Film soll die Problematik aus der Perspektive von betroffenen Menschen darstellen, die sich in ihrer Berufsausbildung zunehmend unter Druck gesetzt sehen.

 

Wir unterstützen dieses Projekt

Für die Hintergrundrecherche sucht der rbb Kolleg:innen die Erfahrungen mit Drohungen, Beleidigungen und besonderen Schutzmaßnahmen gemacht haben. Die Journalisten wollen vertrauliche Hintergrundgespräche führen – ohne Kamera und Aufnahmegerät, um einen ersten Eindruck über unsere Sorgen und Belastungen fernab der Schlagzeilen zu gewinnen. Sie interessieren sich für unsere Meinung zum Schutz durch den Dienstherrn. Bitte machen Sie mit. Wir können Ihre Kontaktdaten weitergeben oder Ihnen die der Journalisten übersenden.

 

Bitte schreiben Sie uns! Ihre Angaben werden vertraulich behandelt. Bitte schreiben Sie an anna.radke@drb-berlin.de und/oder isabelle.shahal@drb-berlin.de.

Anna Radke, Isabelle Shahal