Drei Monate E-Akte beim Landgericht Wahlvorschlag

 

Vor drei Monaten, am 4. September 2023, wurde die elektronische Akte am Landgericht in Zivilsachen feierlich begrüßt. Seit diesem Tag werden die neu eingehenden erst- und zweitinstanzlichen Verfahren im „elektronischen Integrationsportal“ (eIP) papierlos geführt.

Die Vorbereitungsphase verlief zunächst etwas holperig. Bereits einige Monate zuvor war die Hausleitung an alle Richterinnen und Richter herangetreten mit dem Anliegen, eine Signaturkarte bei einer Tochtergesellschaft der Bundesdruckerei zu beantragen. Die Karte sollte per Einschreiben an die Privatadresse der Antragstellenden versandt werden. Hiergegen meldete der Richterrat datenschutzrechtliche und Sicherheitsbedenken an. Nach einigem Hin und Her war es schließlich möglich, die Signaturkarte ohne Angabe der Privatanschrift zu beantragen und an die Dienststelle zusenden zu lassen.

Etappenweise wurden die Richterinnen und Richter in Informationsveranstaltungen im Juni, freiwilligen Schulungen im Juli und die Einführung begleitenden Schulungen im September mit dem Gedanken an die Arbeit mit elektronischen Akten vertraut gemacht. Die Resonanz war geteilt; während einige die E-Akte überfällig fanden, brachten andere ihre Skepsis deutlich zum Ausdruck. Zur leichteren Umgewöhnung wurden in das eIP Elemente aus der analogen Aktenwelt integriert, wie ein „Aktenbock“, auf dem die elektronischen Akten in Form von Aufgaben quasi gestapelt vorgelegt werden, und ein „elektronischer Wachtmeister“, der zweimal am Tag neue Aufgaben bringt und bearbeitete Aufgaben abholt.

Allerdings ließen dann die E-Akten erstmal einige Wochen auf sich warten. Als sie schließlich peu à peu eintrafen, war im Vorteil, wer sich neben der PIN seiner Signaturkarte auch die Bedienung des neuen Programms gut eingeprägt hatte. Für alle anderen, die wieder wie Anfänger vor der ersten Akte saßen, gab es glücklicherweise nochmals ergänzende Schulungen und eine engagierte Vorortbetreuung, die direkt am Arbeitsplatz und am Fall Probleme lösen half. 

Inzwischen ist es zur Routine geworden, sowohl in der Geschäftsstelle nach den analogen als auch im eIP nach den elektronischen Akten zu sehen. Manche Arbeitsschritte erleichtert die e-Akte, etwa durch die direkte Verknüpfung zu häufig benutzten Verfügungsvorlagen aus Forum Star und durch Schnelltextvorlagen. Andere sind umständlicher geworden; so müssen Kammerbeschlüsse und -urteile nunmehr bereits im Entwurf bis auf das letzte Komma abgestimmt sein. Denn wenn der erste sie signiert, können sie nicht mehr verändert werden. Anderenfalls müssen alle Unterzeichner neu signieren.

Abzuwarten bleibt, ob die E-Akte und die derzeitige Ausstattung mit Hardware sowohl im Gericht als auch im Home-Office sich eignen, um umfangreiche Akten zu erfassen und sachgerecht aufzuarbeiten. Für die Arbeit mit der E-Akte im Home-Office können Richterinnen und Richter die Ausstattung mit einer Maus, einer Tastatur, einem Monitor und einer Dockingstation beantragen.

In jedem Fall wird sich das Arbeitsumfeld fundamental ändern. Mit der Zeit werden sich nun die Aktenschränke in den Geschäftsstellen leeren, Gürteltiere sind vom Aussterben bedroht. Ob mit dem eIP der Sprung in das digitale Zeitalter sicher und für alle Beteiligten zufriedenstellend gelingt, wird die Zukunft zeigen.

Meike Gotham