Bericht: Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung nach § 128a ZPO

Der Richter am Amtsgericht Uwe Kett kam aufgrund der coronabedingten Einschränkungen auf eine bereits von der ZPO vorgesehene Idee der digitalen Verhandlungsführung und berichtet von seinen Erfahrungen.

Als im März in Lichtenberg der Notfallplan in Kraft trat und wir gebeten wurden, möglichst bis Ende April alle Verhandlungen und andere Termine aufzuheben, sprach ich mit einer befreundeten Kollegin in Düsseldorf, die mich auf die Möglichkeit der Verhandlung per Videokonferenz nach § 128a ZPO hinwies, einer Norm, die zuvor nicht in mein Blickfeld geraten war. Dort war man schon weiter.

Dadurch kam ich auf die Idee, das „mit Bordmitteln“ auch mal auszuprobieren. Nach telefonischer Klärung vorab habe ich dann zu einem Termin geladen mit dem Zusatztext „Den Parteien und ihren Bevollmächtigten wird gem. § 128a ZPO gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen und zwar über Skype unter Nutzung des Kontos „Amtsgericht Lichtenberg“ und zwar in einem geeignet erscheinenden Verfahren, in dem ein Onlinekäufer von der Schwäbischen Alb Gewährleistungsansprüche gegen einen hiesigen Internethändler für Autoteile geltend gemacht hat. Das Nutzerkonto hatte ich vorher bei Skype schon eingerichtet. Rechtliche Bedenken habe ich hinten angestellt zum einen wegen des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Verhandlung und zum anderen, weil die Parteien einverstanden waren, auch mit der Konferenz über Skype.

Zur Vorbereitung habe ich in einem Saal, in dem sich bereits ein großer Monitor befindet, mein privates Notebook zum einen mit einem Kabel mit dem Monitor und zum anderen über einen uns zur Verfügung stehenden LTE-Router mit dem Internet verbunden; das vorhandene WLAN war dafür zu schwach und instabil. Da beide Parteivertreter zugeschaltet werden wollten, bedurfte es keiner weiteren Technik im Saal. Nachdem beide zur Terminsstunde das benannte Gerichtskonto auf Skype fanden, war die Konferenzschaltung einfach. Bild und Ton wurden auch in den Saal übertragen über den großen Monitor dort. Zu Beginn nahm ich zunächst auf, wer sich mit Gestattung des Gerichts wo aufhält und dass die Verhandlung dorthin und in das Sitzungszimmer zeitgleich in Bild und Ton übertragen wird und dann noch einen Hinweis, dass die Aufzeichnung der Konferenz nicht gestattet ist. Der Kläger war in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten in Ulm anwesend und konnte sich so auch gut mit einbringen. Die Güteverhandlung war erfolgreich und ich konnte einen Vergleich protokollieren und vorlesen, der dann von den zugeschalteten Rechtsanwälten genehmigt wurde.

Da nach meinem Eindruck auf Anwaltsseite großes Interesse oder auch Neugierde bestand, habe ich inzwischen in einem weiteren Verfahren per Videokonferenz verhandelt. Dort war die logistische Herausforderung etwas größer, weil der Beklagtenvertreter zur Verhandlung kam. Ihm habe ich dann ein hier vorhandenes kleines Laptop mit Kamera hingestellt und auch dieses über den Router mit dem Internet verbunden und dafür ein weiteres Skypekonto („Parteivertreter AG Lichtenberg“) mit einem entsprechenden Symbolbild eingerichtet. Auch diese Verhandlung verlief dann problemlos. Meine Absicht ist, in geeignet erscheinenden Fällen die Möglichkeit der Verhandlung per Videokonferenz anzubieten, vielleicht an einem Verhandlungstag im Monat. Den Vorteil sehe ich auch darin, dass auf diese Art deutlich einfacher Vergleiche, zumal unwiderrufliche, erzielt werden können und somit schneller Rechtsfrieden einkehrt.

Uwe Kett, Richter am Amtsgericht Lichtenberg