Was hat die Gesamtfrauenvertreterin gemacht?!

Anne-Kathrin Becker zu der Tätigkeit als Gesamtfrauenvertreterin der Justiz

Soeben ereilt mich die Anfrage, ob ich bis morgen noch einen Beitrag nach dem Motto „Was habe ich gemacht“ schreiben möchte. Gemeint ist sicherlich ein Rückblick auf meine Tätigkeit als Gesamtfrauenvertreterin in der auslaufenden Wahlperiode. Zu kurz die Zeit und zu weit auch das Feld, um noch auf die Schnelle einen umfassenden Tätigkeitsbericht für alle Bereiche zu fertigen. Sowieso müsste ich dort all die interessanten Passagen schwärzen, die sich mit den Personaleinzelangelegenheiten befassen, auch wenn doch gerade sie die spannenden Einblicke in die Verwaltungstätigkeit der Justiz, gemessen an den Erfordernissen an Gleichstellung, Rechtmäßigkeit und auch Gewaltenteilung, böten.

Nichtsdestotrotz will ich hier schreiben, weil mich die sich in engagierten Interessenvertretungskreisen häufiger stellende Frage „Was habe ich eigentlich gemacht?!“ mit anderen Worten „verbrochen“ zum Ende dieser Amtszeit besonders umtreibt. Ohne die Frage beantworten zu können, fällt mir mit Blick auf den hiesigen Leserkreis im richterlichen Bereich etwa, den ich bisher neben allen anderen Diensten engagiert vertreten habe, ein noch aktuelles Beispiel meiner Interessenvertretung ein, für das ich immer wieder Kritik einstecken musste. Zum Glück nicht von den Vertretenen. Mag aber sein, dass ich ihnen einen Bärendienst erwiesen habe.

Es ging los mit den vor Jahren gegen den Senator erhobenen Klagen wegen Verletzung der Beteiligungsrechte der Gesamtfrauenvertreterin. Warum hatte ich das gemacht? Weil ich mich durch intransparentes Verwaltungshandeln u.a. in manch richterlicher Angelegenheit an meiner Amtsausübung und hier insbesondere an meiner Gleichstellungsarbeit für die Richterschaft gehindert sah.

Im Laufe der Rechtsstreitigkeiten musste ich überraschend vom OVG lernen, dass Richterinnen anders als im Bund und den anderen Ländern in Berlin gar nicht zu den Beschäftigten in der Justiz zählen sollen, unser Gleichstellungsgesetz für die Richterschaft nicht gelte.

Die Justizverwaltung ist daraufhin der Rechtskraft vorausgeeilt und hat sofort und lange vor Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden allen Frauenvertreterinnen die Vertretung der Richterschaft entzogen.

Danach konnte ich weder der Justiz- noch unserer Gleichstellungsverwaltung tatenlos beim Nichtstun zuschauen. Ich habe mich umgehend nach Zustellung der OVG-Entscheidungen an das Abgeordnetenhaus gewandt, um unterstützt von vielen Beschäftigten diesem Irrsinn durch eine unverzügliche Ergänzung des LGG ein Ende zu setzen mit dem Ziel, die Richterschaft auch ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Gesetzes miteinzubeziehen. Ein steiniger Weg. Aber was tut man nicht alles, um der Verwaltung Arbeit abzunehmen, wenn sie diese nicht selber tun kann oder will. Noch gerade rechtzeitig vor der Sommerpause dieses Jahr war die Ergänzung des Gesetzes im Plenum durch. Stolz können wir Richterinnen uns seitdem auch wieder zu den Beschäftigten in der Justiz zählen.

Der Wermutstropfen aber im Gesetzgebungsverfahren, der mich immer wieder fragen lässt, was zum Teufel ich eigentlich gemacht habe, ist eine kleine, von mir niemals begehrte Erwähnung der Aufgaben besser Nichtaufgaben der Gesamtfrauenvertreterin, und zwar versteckt in der Begründung zum letztlich ausschlaggebenden Novellierungsantrag der Koalition (der ursprüngliche kam übrigens aus der Opposition, FDP). So soll die Gesamtfrauenvertreterin fortan nicht mehr für Präsidialratsangelegenheiten, also für die Einzelangelegenheiten der Richter- und Staatsanwaltschaft, seien es Einstellungen, Beförderungen, Versetzungen etc. zuständig sein. Alle meine Recherchen und Nachfragen und Auskunftsersuchen zur Entstehungsgeschichte dieses Passus in der Begründung zur Gesetzesnovelle blieben erfolglos. Fest steht nur, dass wir ihn der Verwaltung - sei es der Justiz- und/oder Gleichstellungsverwaltung - verdanken.

Unsere Verwaltung jedenfalls ist nach der Verkündung des Gesetzes sehr zügig dazu übergegangen, an den Personaleinzelangelegenheiten der Richterschaft, die den Kern der Gleichstellungsarbeit für den höheren Dienst ausmachen, nunmehr neben noch anderen schwerpunktmäßig zumeist ihre örtliche Frauenvertreterin, also die von SenJustVA, zu beteiligen. Leider können wir Beschäftigten aller nachgeordneten Behörden, u.a. der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden, diese nicht wählen, sondern nur die wenigen Frauen in der obersten Dienstbehörde, von denen auch nicht eine Richterin oder Staatsanwältin sein kann. Das scheint keinen in der Verwaltung zu scheren. Dem personalvertretungsrechtlichen Repräsentationsgrundsatz, wonach die Personalvertretungsorgane die zu ihrer Wählerschaft gehörenden Beschäftigten repräsentieren, wird keinerlei Bedeutung beigemessen. Wichtig scheint dagegen zu sein, dass die dienststellenübergreifend tätige Gesamtfrauenvertreterin - gewählt von den weiblichen Beschäftigten der nachgeordneten Behörden - mit diesen bedeutsamen dienststellenübergreifenden Personalangelegenheiten nunmehr nicht mehr befasst wird.

Meine Schuld, weil ich geklagt habe, heißt es immer wieder gerne. Ich solle mich fortan nicht mehr „zerfieseln in kleinteiligen Personalangelegenheiten“, sondern mein Augenmerk besser den „statistischen Ungleichgewichten“ widmen, wird mir empfohlen.

Und werde ich jetzt noch gefragt, was ich als nächstes mache: natürlich die nächste Klage einreichen!

 

Anne-Kathrin Becker
Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz