Senator Behrendt ignoriert Wartepflicht

Senator händigt Ernennungsurkunden trotz anhängiger einstweiliger Rechtsschutzverfahrens aus

 

Im letzten Herbst hatte der Berliner Richterwahlausschuss über die Besetzung von vier Vorsitzenden-Stellen am Kammergericht zu befinden. Der nach dem Besetzungsbericht am besten qualifizierte Bewerber erhielt dabei – anders als drei weitere Bewerber - nicht die notwendige 2/3-Mehrheit. Mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht wollte der Bewerber die Ernennung der drei Gewählten vorläufig untersagen lassen. Eine entsprechende Anordnung des Verwaltungsgerichts erfolgte durch Beschluss vom 18.12.2020. Dieses war im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass die Beförderungen nicht vor Entscheidung über den Rechtsschutzantrag vorgenommen werden. Der Senator hatte den drei gewählten Richterinnen und Richter die Ernennungsurkunden jedoch bereits einen Tag vor Beschlussfassung ausgehändigt.

Auf die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin eingelegte Beschwerde der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Verfahren nach übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Hauptsache ein und legte die Kosten dem Land Berlin auf (Beschluss vom 05.03.2021 - OVG 4 S 2/21- ). Dies entspreche dem billigen Ermessen nachdem der Antragsgegner mit der Ernennung der drei gewählten Richterinnen und Richter zu Vorsitzenden die Erledigung des hiergegen gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrags herbeigeführt habe.

„Ein übergangener Bewerber kann zur Wahrung des Gebots effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG bei mehreren beabsichtigten Beförderungen bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Mitbewerber seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen. Der Dienstherr ist grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf die sich der Rechtsschutzantrag erstreckt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 20). Der Bewerber hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird.

Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Bewerber für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Sein Antrag bestimmt, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 19). Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung folgt aus dem Umstand, dass die Bewerbung des in Konkurrenz zu den Beigeladenen stehenden Antragstellers deswegen nicht erfolgreich war, weil er ,,zwar aus- aber eben nicht gewählt" wurde, grundsätzlich nichts anderes. Für die Annahme einer missbräuchlichen Antragstellung, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung in den Blick nimmt (a.a.O. Rn. 20), bot das vorliegende Verfahren keinen Anhaltspunkt. lnsbesondere war nach Aktenlage nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Beförderung der Beigeladenen den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt.“

Katrin Elena Schönberg