Sonderurlaub neu geregelt
Sonderurlaub neu geregelt
Die Ausführungsvorschriften zur Sonderurlaubsverordnung übertragen die aktuellen Bestimmungen der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung in unser Dienstrecht. Die neue Fassung bindet zudem die Vorschriften für Sonderurlaub bei schwerer und schwerster Erkrankung von Kindern ein.
Sonderurlaubstatbestände modernisiert
Die Neufassung der Ausführungsvorschriften vom 12. Dezember 2024 (AV SUrlVO) enthält mit Wirkung zum 27. Dezember 2024 einige neue und einige aktualisierte Sonderurlaubstatbestände. So wird für die Geburt eines Kindes in einer ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft auch ein Tag Sonderurlaub gewährt. Für die Gewährung von Sonderurlaub muss die Lebensgefährtin oder die Lebenspartnerin nicht im selben Haushalt leben. Es muss lediglich glaubhaft gemacht werden, dass eine familiäre Bindung besteht. Der Sonderurlaub soll spätestens innerhalb von vier Wochen nach der Geburt des Kindes in Anspruch genommen werden.
Zwei Tage Sonderurlaub werden beim Tod eines Partners oder einer Partnerin gewährt. Der Sonderurlaub soll innerhalb von drei Monaten nach dem Tod genommen werden.
Wenn die Betreuungsperson erkrankt, die ein Kindes bis 8 Jahren betreut oder wenn es dauerhaft pflegebedürftig ist, können Kolleginnen und Kollegen für die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des Kindes 4 Tage Sonderurlaub pro Jahr unter Fortzahlung der Bezüge nehmen.
Änderung der Kindkrank-Tage
Nicht alleinerziehende Kolleginnen und Kollegen haben im Jahr 2025 Anspruch auf 15 Tage Sonderurlaub pro Kind, bei mehreren Kindern insgesamt bis zu 35 Tage. Ab dem Jahr 2026 reduziert sich der Anspruch wieder auf 10 Tage pro Kind bzw. bei mehreren Kindern auf insgesamt 25 Tage. Diese Regelung entspricht den Bestimmungen zum Kinderkrankengeld in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 45 SGB V), wobei dort die höhere Zahl der Kindkrank-Tage schon im Jahr 2024 galt.
Alleinerziehende Kolleginnen und Kollegen haben Anspruch auf 30 Tage Sonderurlaub pro Kind, bei mehreren Kindern insgesamt bis zu 70 Tage. Ab dem Jahr 2026 reduziert sich der Anspruch wieder auf 10 Tage pro Kind bzw. bei mehreren Kindern auf insgesamt 25 Tage. Der Begriff „alleinerziehend“ orientiert sich an der Rechtsprechung zu § 45 SGB V. Alleinerziehend ist danach, wer als Elternteil faktisch alleinstehend ist, zusammen mit dem Kind in einem Haushalt lebt und wem für das Kind jedenfalls auch – sei es allein oder gemeinsam mit einer anderen Person – die Personensorge zusteht. Alleinerziehend kann somit auch ein Elternteil sein, dem kein alleiniges Personensorgerecht zusteht oder dessen Kind grundsätzlich im gemeinsamen Haushalt lebt und sich nur alle zwei Wochen am Wochenende beim anderen Elternteil aufhält.
Das maximale Gesamtkontingent an Sonderurlaubstagen ist bei drei und mehr Kindern nicht zu Beginn des Urlaubsjahres auf die Kinder zu "verteilen", sondern der Sonderurlaub wird antragsgemäß „abgearbeitet".
Muss ein Kind bis 12 Jahren ins Krankenhaus begleitet werden, gibt es für die gesamte Zeit der medizinisch notwendigen Begleitung Sonderurlaub. Ohne zeitliche Beschränkung gibt es auch Sonderurlaub für ein Elternteil, wenn ein Kind in der letzten Lebensphase begleitet werden muss.
Neu: Besoldungskürzung
Zusätzlich wird ab dem Jahr 2025 der Sonderurlaub für die Kindkrank-Tage nur noch zu 9/10 unter Belassung der Besoldung bewilligt. Das stellt im Vergleich zu den Vorjahren eine Schlechterstellung dar und bedeutet, dass für Einzelkinder ab dem 10. Tag kein Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge, sondern nur unter Wegfall der Bezüge gewährt wird. Bei einem Sonderurlaubskontingent von 25 Tagen werden 23 Tage mit Besoldung und 2 Tage ohne Besoldung gewährt.
Die Kürzung des Gehaltes wird dabei nicht bei jedem einzelnen Tag erfolgen, sondern in dem Monat, in dem der jeweils 10. Kind-Krank-Tag gemeldet wird. Die Kolleginnen und Kollegen haben dabei keine Wahl, welches Kontingent an Sonderurlaub (unter Fortzahlung oder unter Wegfall der Besoldung) sie in welcher Reihenfolge in Anspruch nehmen wollen. Zuerst muss der unter Fortzahlung der Besoldung bestimmte Sonderurlaub in Anspruch genommen werden und erst nach dessen Verbrauch kann man auf das verbleibende Kontingent an Sonderurlaubstagen unter Wegfall der Besoldung zurückzugreifen. Das erlangt Bedeutung, wenn sich im Kalenderjahr der Arbeitskraftanteil ändert, z.B. bei einem Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit.
Die Kürzungsregelung gilt auch bei der medizinisch notwendigen Begleitung des Kindes im Krankenhaus. Für 9/10 der Zeit wird der Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge, für 1/10 der Behandlungszeit im Krankenhaus unter Wegfall der Bezüge gezahlt.
Wird ein Kind mit Behinderung wegen medizinischer Notwendigkeit ins Krankenhaus begleitet, gilt eine Regelung, die unserer Ansicht gegen das Alimentationsprinzip und – im Verhältnis zu gesetzlich Versicherten – gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Sonderurlaub für die Begleitung eines Kindes ins Krankenhaus wird gänzlich ohne Besoldung gewährt wird, wenn die Dienstbezüge der Kolleginnen und Kollegen die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 SGB V überschreiten (auch Versicherungspflichtgrenze genannt). Das ist im Jahr 2025 ab einem Bruttobetrag von monatlich 6.150 Euro/Monat der Fall. Übersteigt die Besoldung diesen Grenzwert nicht, gilt die 8/10 Regelung gilt, d.h. für 80 Prozent der Behandlungstage die Besoldung weitergezahlt wird.
Wer sein Kind beim Sterben begleiten muss, erhält für 80 Prozent der Dauer der Begleitung Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung. Für die verbleibenden 20 Prozent erfolgt die Gewährung des Sonderurlaubs unter Wegfall der Besoldung.
Die Kürzungsregelungen sind familienunfreundlich und sehr verwaltungsintensiv. Der Besoldungsausschluss für besserverdienende Eltern von Kindern mit Behinderung, die für die Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen die Eltern brauchen, ist zynisch und ohne Härtefallregelung wohl nicht mit dem Alimentationsprinzip vereinbar.
Sonderurlaub in dringenden Fällen
In sonstigen dringenden Fällen, die nicht in den Ausführungsvorschriften abschließend geregelt sind, kann Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung bis zu drei Arbeitstagen gewährt werden. In begründeten Fällen kann kurzfristiger Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es gestatten.
Die Zeit einer (Sonder-)Beurlaubung ohne Besoldung zählt übrigens nicht für die spätere Versorgung. Wer wegen seiner Kinder Fehlzeiten ohne Besoldung hat, erhält später möglicherweise eine geringere Pension.
Unsere Stellungnahme ohne Gehör
Wir konnten uns mit unseren Anregungen und unserem Protest im Stellungnahmeverfahren nicht durchsetzen. Leider ist insbesondere bei fiskalisch wirkenden Regelungen zu verzeichnen, dass die Interessenvertretungen und Verbände formell ordnungsgemäß angehört werden, deren Eingaben aber im Ergebnis nutzlos bleiben. Vehement hatten wir beispielsweise gegen den gänzlichen Wegfall der Besoldung bei der Begleitung von behinderten Kindern durch „besserverdienende“ Kolleginnen und Kollegen protestiert – leider erfolglos.
Die Teilzeiten des Sonderurlaubs unter Wegfall der Besoldung stellen eine Besoldungskürzung dar. Ärgerlicher Weise ist uns dies im Stellungnahmeverfahren nicht hinreichend bewusst geworden. Denn die Regelung lehnt sich an die Bestimmungen zum gesetzlichen Kinderkrankengeld in § 45 SGB V an. Gesetzlich Krankenversicherte erhalten 90 % des während der Freistellung ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Die neuen Ausführungsbestimmungen zeichnen dies nach, so dass insoweit eine Gleichbehandlung mit gesetzlich Versicherten besteht. Dem Argument sind wir „auf den Leim gegangen“. Denn im Vergleich zur früheren Regelung handelt es sich um eine Besoldungskürzung, wogegen wir im Stellungnahmeverfahren hätten protestieren müssen. Jedoch ist aber auch insoweit davon auszugehen, dass auch schärfster Protest mit Verweis auf eine Gleichbehandlung mit gesetzlich Versicherten „vom Tisch gewischt“ worden wäre. Im Ergebnis ein Rückschlag in der (angeblichen?) Familienfreundlichkeit unseres Dienstherrn.
Dr. Stefan Schifferdecker