Wir haben zur beabsichtigten Änderung der LandesbeihilfeVO Stellung genommen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die Möglichkeit, zum Entwurf der Änderung der Landesbeihilfeverordnung Stellung nehmen zu können. Wir begrüßen die Anpassung der Beihilfevorschriften an die Rechtlage für in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Bürgerinnen und Bürger.
Ergänzend unterbreiten wir folgende Änderungsvorschläge:
Artikel 1 Nr. 2 (§ 27 Abs. 1 Satz 2)
Wir regen an, als angemessenes Entgelt für eine Pflegekraft das „Entgelt zzgl. Arbeitgeberanteilen, soweit diese tatsächlich anfallen“ zu bestimmen.
Begründung: Bei Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses während der Kranken- oder Kurzzeitpflege könnten Arbeitgeberbeiträge anfallen oder könnten vom Leistungserbringer höhere Stundensätze abgerechnet werden, als sie dem Nettoentgelt der Pflegekraft entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. Urteil vom 23. April 1980 – 4 RJ 11/79 –) ist als Maßstab für die angemessene Höhe der Kosten der häuslichen Krankenpflege (nun § 39 Abs. 4 SGB V) der Betrag zu erstatten, den der Versicherungsträger aufzuwenden hätte, wenn er die Ersatzkraft selbst stellt. Auch dieser Betrag umfasst etwaige Arbeitgeberanteile.
§ 22 LBhVO (Arznei- und Verbandmittel – bislang unverändert)
Wir regen an, § 22 LBhVO durch Anordnung einer entsprechenden Geltung des § 31 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V zu ergänzen.
Begründung: Seit dem 13. Mai 2017 haben gesetzlich Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Die Vorschrift regelt hierzu enge Voraussetzungen. Auch Behilfeberechtigte mit einer schwerwiegenden Erkrankung müssen – wie gesetzliche Versicherte – die Möglichkeit dieser neuen Behandlungsalternative erhalten.
Artikel 2 Nr. 14 (§ 26a Abs. 1 Nr. 1)
Wir regen an, den die Verweildauer betreffenden Halbsatz der Nr. 1 zu streichen.
Begründung: Die geplante Ergänzung verschlechtert die Rechtsposition der Beihilfeberechtigten gegenüber der bislang geltenden Fassung und stellt sich als faktische Beihilfekürzung dar. Die Pauschalierung der Verweildauer der beihilfefähigen Aufwendungen bei Behandlung in einer Privatklinik verletzt den Fürsorgegrundsatz. Denn damit würde das Land Berlin das Risiko einer länger währenden Behandlung auf die Beihilfeberechtigten verlagern. Die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung und deren Dauer richtet sich auch in der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach den medizinischen Erfordernissen.
Artikel 2 Nr. 27 (§ 47 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 2)
Wir regen an, den Umfang der nicht zu berücksichtigenden Einkommen um die in § 11a SGB II genannten Einkommensarten zu erweitern. Hierzu dürfte ein Verweis auf die Regelungen in § 11a SGB II genügen.
Begründung: Die Vorschrift dient der Entlastung von Behilfeberechtigten mit geringem Einkommen. Unserer Ansicht nach ist es im Verhältnis zu den Regelungen der Grundsicherung unbillig, Einkommen zu berücksichtigen, die bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen nicht einberechnet werden. Dies betrifft insbesondere die Mitberücksichtigung von
- Grundrenten nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen (zB. § 1 Abs. 1 S. 1 OEG für Opfer von Gewalttaten, § 80 SVG bzw. § 47 ZDG für Wehr- und Zivildienstopfer, § 60 IfSG für Impfgeschädigte)
- Renten und Entschädigungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung,
- Entschädigungen nach § 253 Abs. 2 BGB.
Anlage 7 (Höchstbeträge für beihilfefähige Heilmittelaufwendungen - bislang unverändert)
Wir regen an, die beihilfefähigen Aufwendungen für ärztlich verordnete Heilmittel zu erhöhen.
Begründung: Die Leistungserbringer rechnen gegenüber den Beihilfeberechtigten seit einiger Zeit höhere Behandlungssätze ab, als sie beihilfefähig sind. Verhandlungsmöglichkeiten der Beihilfeberechtigten bestehen in der Regel nicht. Eine Anpassung der Sätze ist dringend geboten.
Anlage 9 Abschnitt 4 Unterabschnitt 1, Ziffer 1 b) (Sehhilfen – bislang ohne Regelung)
Wir schlagen vor, die Anlage an benannter Stelle wie folgt zu ändern:
b) für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie
- nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
- einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen. Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen.
Begründung: Mit dem Inkrafttreten Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) vom 04.04.2017 übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Sehhilfen für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dieser Regelung wird von der Beihilfestelle Berlin seit Mai 2017 entsprechend angewendet. Demnach sind Sehhilfen beihilfefähig, wenn Sie bei Kurz- oder Weitsichtigkeit einen Fernkorrekturausgleich von mehr als sechs Dioptrien benötigen oder eine Hornhautverkrümmung von mehr als vier Dioptrien aufweisen. Der Entwurf der LBhVO übernimmt die Regelung nicht, was als bewusste Abkehr vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ausgelegt werden könnte. Denn § 25 LBhVO iVm. Anlage 9 Abschnitt 4, UA1 enthält noch die nur bis zum 10. April 2017 geltende Fassung des SGB V.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Schifferdecker
für den Deutschen Richterbund – Landesverband Berlin e.V.