Die Deutsche Richterakademie – exzellente Fortbildung seit 50 Jahren

 

Der Föderalismus muss viel Kritik einstecken. Er sei zu kompliziert und zu ineffizient. Ein positives Beispiel für seine produktiven Kräfte feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen: die Deutsche Richterakademie (DRA). Sicher haben viele Leserinnen und Leser Tagungen der DRA besucht. Aber wie wurde die Erfolgsgeschichte DRA möglich? Und wie funktioniert die DRA eigentlich?

Schon in der jungen Bundesrepublik erkannte man, dass eine qualitativ hochwertige Rechtspflege nur mit qualifiziertem und regelmäßig fortgebildetem Personal gelingen kann. Deshalb bot man Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten Fortbildungsveranstaltungen an, und zwar auch auf überregionaler Ebene. Diese Tagungen wurden vom Bund und den Ländern an wechselnden Orten ausgerichtet. „Fliegende Richterakademie“ nannte man das poetisch.

Schnell war klar, dass dieses Format keine Dauerlösung sein konnte. So beschlossen die Justizminister und -senatoren auf einer Sonderkonferenz, dass die DRA als feste Institution etabliert werden und einen festen Standort in Trier erhalten sollte. Im Jahr 1973 nahm die Tagungsstätte Trier den Betrieb auf. Dann kam 1990 die Wende mit großen Herausforderungen. Die Justizminister und -senatoren erkannten, dass ein weiterer Standort im Osten Deutschlands benötigt wurde. Die Wahl fiel auf eine Liegenschaft in Wustrau – vor den Toren Berlins. Die dortige Tagungsstätte wurde 1993 eröffnet, also vor genau 30 Jahren.

Seitdem bilden sich Kolleginnen und Kollegen an beiden Standorten regelmäßig zu allen erdenklichen Themen fort. Um die 160.000 Personen waren es seit Bestehen der DRA. Allein im Jahr 2022 haben etwa fünfeinhalbtausend Menschen an knapp 160 Tagungen teilgenommen. Wie funktioniert ein Tagungsbetrieb in solchen Dimensionen? Möglich wird er durch die engagierte Zusammenarbeit zahlreicher Beteiligter.

 

Organisatorische Grundlage der DRA ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern. Diese sieht vor, dass die DRA von Bund und Ländern gemeinsam getragen wird. Die Kosten tragen Bund und Länder je zur Hälfte, wobei der Kostenanteil der Länder nach dem Königsteiner Schlüssel aufgeteilt wird.

Das Programm der DRA legt die Programmkonferenz fest. Darin sind Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Länder und – als beratende Mitglieder – die wichtigsten Interessenverbände (darunter auch der DRB) vertreten. Die Programmkonferenz tagt zweimal jährlich. Jedes Mitglied reicht zur Vorbereitung der Sitzungen Tagungsvorschläge ein. Auf dieser Grundlage beschließt die Programmkonferenz das Jahresprogramm für das Folgejahr. Darüber hinaus setzt sie sich auch mit Grundsatzfragen der Fortbildung und der inhaltlichen Ausrichtung der DRA auseinander. Das von der Programmkonferenz verabschiedete Thesenpapier „Was ist gute Fortbildung?“ kann man auf der Website der DRA herunterladen. Die Sitzungen der Programmkonferenz sind durch ein hohes Engagement der Beteiligten und eine äußerst konstruktive Zusammenarbeit zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels geprägt: Die Justizverwaltungen gestalten ihr bundesweites Fortbildungsangebot gemeinsam und mit gebündelten Kräften. Dabei bringen sie unterschiedliche Schwerpunkte und Kompetenzen in das große Ganze ein.

Bund und Länder richten die jeweils von ihnen vorgeschlagenen und von der Programmkonferenz beschlossenen Tagungen aus. Sie konzipieren die inhaltliche Ausrichtung und wählen Referentinnen und Referenten aus. Einen nicht unerheblichen Aufwand bereitet die Teilnehmerverwaltung, für die die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der jeweiligen Justizbehörden zuständig sind. Für Berlin und Brandenburg liegt die Zuständigkeit beim Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA), für die Teilnehmerverwaltung teilweise auch beim Kammergericht.

Um die laufenden Geschäfte der DRA kümmert sich der Direktor, der in der Regel für drei Jahre bestellt wird. Seit Juni dieses Jahres ist dies Herr VRiLG Oliver Servas, der aus der nordrhein-westfälischen Justiz stammt.

Die DRA bietet Tagungen in unterschiedlichen Formaten an. Traditionell – und das soll auch so bleiben – sind Tagungen der DRA Präsenztagungen, die vier bis fünf Werktage dauern. Dies ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit den vermittelten Inhalten und gibt viel Gelegenheit, sich kollegial auszutauschen und über die Ländergrenzen hinweg zu vernetzen. Daneben werden aber auch Online-Tagungen angeboten sowie Blended-Learning-Formate, bei denen sich Präsenz- und Distanzlernen abwechseln. So soll das Angebot der DRA auch Kolleginnen und Kollegen zugänglich gemacht werden, die – etwa aus familiären Gründen – nicht an einwöchigen Präsenztagungen teilnehmen können.

Inhaltlich bietet das Jahresprogramm Tagungen für jedes Interesse. Behandelt werden etwa juristische Kernthemen aus allen Rechtsgebieten, rechtshistorische und aktuelle gesellschaftliche Themen, interdisziplinäre Aspekte der richterlichen Arbeit oder die Kommunikation mit Verfahrensbeteiligten. Auch internationale Tagungen und Sprachkurse sind im Angebot. Die Referentinnen und Referenten sind ausschließlich ausgewiesene Expertinnen und Experten. Die Qualität der Tagungen ist dementsprechend hoch: Im Jahr 2022 wurden sie von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit durchschnittlich 8,1 von 9 möglichen Punkten evaluiert.

Dies ist aber nicht nur der inhaltlichen Qualität der Tagungen geschuldet, sondern auch der Qualität der Tagungsstätten und dem Funktionieren des Tagungsbetriebes vor Ort. Die Tagungsstätten verfügen über modernste Konferenztechnik. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tagungsbüros machen nahezu alles möglich, was das Referentenherz begehrt. Und wer schon einmal eine Tagung der DRA besucht hat, dem wird die besonders angenehme Atmosphäre in Trier und Wustrau aufgefallen sein. Alle sind um das Wohl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bemüht, sei es mit gutem Essen, Freizeitangeboten oder Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Dies ist vor allem den an den Tagungsstätten Beschäftigten zu verdanken, die ihre Aufgaben mit großem Einsatz erfüllen.

Die DRA ist die einzige bundesweit agierende Institution für die richterliche und staatsanwaltschaftliche Fortbildung. Dies bringt es mit sich, dass die DRA auch im Ausland sichtbar ist und deshalb ein dichtes Netz an internationalen Beziehungen pflegt. Regelmäßig besuchen Delegationen aus aller Welt die Tagungsstätten. Mitunter entwickeln sich aus diesen Kontakten langjährige Erfahrungsaustausche oder internationale Tagungen, die in das Jahresprogramm aufgenommen werden.

Man sieht also: Der Föderalismus kann durchaus konstruktive Kräfte entfalten. Auch nach 50 Jahren DRA lohnt es sich, eine Tagung zu besuchen. Das Jahresprogramm 2024 ist gerade erschienen.

Dr. Hendrik Maroldt