Stellungnahme zur RiStABeurtV

Hier unsere Stellungnahme vom 23. September 2022 im Rahmen der Beteiligung der Spitzenorganisationen der Berufsverbände nach § 7 des Berliner Richtergesetzes (RiGBln)

Stellungnahme zum Entwurf der Berliner Beurteilungsverordnung für die Richter- und Staatsanwaltschaft (RiStABeurtV)

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bedanken uns für die Möglichkeit, zum Entwurf der Besoldungsverordnung Stellung zu nehmen.

Der Deutsche Richterbund – Landesverband Berlin begrüßt die beabsichtigte Neufassung von § 9 des Berliner Richtergesetzes und die Normierung der Rechtsgrundlagen für Beurteilungen in einer Rechtsverordnung. Zu den einzelnen Regelungen nehmen wir Stellung, soweit wir einen Ergänzungs- oder Änderungsbedarf sehen.

§ 3 Abs. 1 Satz 2

Wir halten Abs. 1 Satz 2, wonach die Behördenleitungen für ihren Geschäftsbereich die Beurteilungszeitpunkte für Kolleginnen und Kollegen in der Probezeit festlegen, nicht für ausreichend. Es wird im Verordnungswege nicht rechtssicher verhindert, dass Beurteilungen erst zu einem Zeitpunkt erstellt werden, zu dem dienstliche Reaktionen auf eine (noch) nicht bestehende Eignung erschwert sind. Mit Blick auf abgesenkte Einstellungsanforderungen liegt es auch im Interesse der Qualitätssicherung, neue Kolleginnen und Kollegen frühzeitig zu beurteilen. Wir regen an, nach Satz 2 einzufügen,

„Die erste Beurteilung sollen spätestens 15 Monate nach Dienstantritt, weitere Beurteilungen spätestens nach jeweils weiteren 15 Monaten, mindestens aber zu jedem Stationswechsel erfolgen.“

§ 3 Abs. 1 Satz 3

Wir lehnen Abs. 1 Satz 3 in der derzeitigen Fassung ab, wonach bei Abwesenheit von einer zeitgerechten Beurteilung abgesehen werden kann. Unserer Ansicht nach benachteiligt diese Fassung insbesondere Kolleginnen in Mutterschutz und Elternzeit unangemessen. Denn in der Praxis orientiert sich die Stationszuweisung zumeist an den – bei Kolleginnen regelmäßig längeren – Elternzeiten, so dass die Abwesenheitszeit sich häufig an abgeschlossene Stationszeiten anschließt. Die derzeitige Fassung des Satz 3 würde den Behördenleitungen ermöglichen, den Kolleginnen und Kollegen in Elternzeit Beurteilungen bis zu ihrer Rückkehr in den Dienst vorzuenthalten. Darüber hinaus ist die Beurteilung für junge Kolleginnen und Kollegen von besonderer Bedeutung, so dass auch die Verordnung sicherstellen sollte, dass eine zeitnahe Beurteilung auch bei Abwesenheitszeiten regelhaft erfolgt.

Wir regen an in Satz 3 wie folgt zu fassen:

„Von der zeitgerechten Erstellung der dienstlichen Beurteilung kann – außer in Fällen von Elternzeit von mehr als 3 Monaten – abgesehen werden, wenn..."

§ 4

Es ist zu begrüßen, dass einheitliche Beurteilungsmaßstäbe gewährleistet werden sollen. Das Instrument der Beurteilungskonferenzen erscheint hierfür auch geeignet. Allerdings wird nicht geregelt, wie die Ergebnisse der Beurteilungskonferenzen festgehalten und wie sie den zu Beurteilenden und den Beteiligungsgremien zur Kenntnis gegeben werden. Wir befürchten, dass Verabredungen intransparent bleiben. Wir regen daher an, dass die Ergebnisse der Beurteilungskonferenzen im Geschäftsbereich nicht nur selektiv bekannt gemacht werden müssen. Es könnte folgender Satz angefügt werden:

„Die Ergebnisse der Beurteilungskonferenzen sind im Geschäftsbereich zeitnah vollständig bekannt zu geben.“

§ 5 Abs. 3

Die Regelung beschränkt sich auf die Beschreibung der Funktion und der Zuständigkeit für die Überbeurteilung. Jedoch ergibt sich keine Verpflichtung zur Überbeurteilung, weder aus der Verordnung noch aus dem aktuellen Entwurf von § 9 RiG Berlin-E. Eine stichprobenweise Überbeurteilung könnte als ausreichend betrachten werden. Wir regen daher an, § 5 Satz 1, wonach durch Überbeurteilung ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab gewährleistet werden soll, als Beurteilungsgrundsatz als § 1 Abs. 5 aufzunehmen und zugleich klarzustellen, dass dies für jede Beurteilung gilt. Wir regen folgende Fassung an:

„§ 1 (5) Durch Überbeurteilung jeder Beurteilung soll ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab gewährleistet werden.“

§ 6

In der Praxis stützen sich die Beurteilungen auf Zuarbeiten insbesondere von weiteren aufsichtsführenden Richterinnen und Richten. Diese Beiträge werden den Kolleginnen und Kollegen zumeist nicht offengelegt mit der Begründung, es handele sich nicht um Beurteilungsbeiträge, obwohl sie Erkenntnisse enthalten, welche die oder der Beurteilende nicht aus eigener Wahrnehmung getätigt hat. Wir halten es daher für unverzichtbar, in § 6 zu definieren, was ein Beurteilungsbeitrag ist. Denn (nur) ein solcher unterliegt der eigenständigen Akteneinsicht. Wir regen an, nach Satz 2 folgenden Satz einzufügen:

„Beurteilungsbeitrag ist jede Äußerung, die sich mit den Leistungen der oder des zu Beurteilenden auseinandersetzt und Erkenntnisse enthält, welche die oder der Beurteilende nicht selbst wahrgenommen hat.“

§ 7 Abs. 5 Satz 1

Bei Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auf Probe erscheint das Gesamturteil „gut geeignet“ entbehrlich. Denn der Probedienst dient zur Überprüfung, ob die
Kolleginnen und Kollegen für die Ernennung auf Lebenszeit geeignet sind. Eine für eine spätere Verwendung ggf. nützliche Leistungsbeurteilung wird durch Satz 2 sichergestellt.

§ 8 Abs. 1

Die Beteiligungsmöglichkeiten des Richterrates, der Schwerbehinderten- und Frauenvertretung sind im Entwurf von § 9 Abs. 3 RiG Berlin-E geregelt. Aus Klarstellungsgründen könnte die Verordnung um einen Verweis hierauf ergänzt werden, um den Kolleginnen und Kollegen die Beteiligungsrechte unabhängig von der Informationspflicht nach § 9 Abs. 3 Satz 4 RiG Berlin-E bewusst zu machen.

§ 9

Die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Ergebnisse von Regelbeurteilungen ist uneingeschränkt zu begrüßen. Dies haben wir bereits in unserer Stellungnahme zu § 9 RiG Berlin-E gefordert. Die
Übergangsregelung in § 10 sollte aber dahin konkretisiert werden, dass die erste Übersicht nicht erst fünf Jahre nach dem Inkrafttreten veröffentlicht wird, sondern bis zum ersten Stichtag jährlich oder zweijährlich erneuert wird. Wir schlagen vor:

„Bis zum vollständigen Abschluss der ersten Regelbeurteilungsrunde nach Inkrafttreten dieser Verordnung sind die Ergebnisse der bisherigen Regelbeurteilungen innerhalb des jeweiligen Geschäftsbereichs spätestens bis zum 31. Dezember 2024 bekannt zu machen und jährlich zu aktualisieren.“

Soweit sich beurteilte Personen nicht dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugehörig fühlen, könnten die Geschäftsbereiche die Möglichkeit eines Rückschlusses auf die Beurteilung diverser Personen zum Anlass nehmen, die Veröffentlichung der Beurteilungsergebnisse gänzlich zu unterlassen. Wir regen daher folgende Ergänzung an:

„Soweit eine Geschlechtergruppe in so geringer Anzahl vertreten ist, dass die Möglichkeit eines Rückschlusses auf einzelne Personen gegeben wäre, ist diese Geschlechtergruppe nicht oder gemeinsam mit einer anderen Geschlechtergruppe aufzuführen. Der Grund ist anzugeben.“

Anlage 1

In der Zeile zu „übertrifft die Anforderungen erheblich“ fehlt in der rechten Spalte das zweite Zahlwort.


Dr. Stefan Schifferdecker

Dr. Volker Nowosadtko