Justizthemen im Abgeordnetenhaus März 2020

Auch in den vergangenen drei Monaten sind im Berliner Abgeordnetenhaus wieder einige Fragen aus dem Bereich der Justiz behandelt worden. Hervorzuheben sind die Folgenden.

 

Neues Amtsgericht Marzahn-Hellersdorf

 

Dem Abgeordneten Kristian Ronneburg (DIE LINKE.) hat der Senat auf der Drucksache 18/22151 Auskunft über die beabsichtigte Schaffung eines Amtsgerichts Marzahn-Hellersdorf gegeben. Der Senat hält ein neues Amtsgericht zur Verbesserung der Bürgerfreundlichkeit für erforderlich, weil mit der Schließung des Amtsgerichts Hohenschönhausen der Bezirk des Amtsgerichts Lichtenberg eine „enorme“ Ausdehnung erreicht habe. Der Zeitplan wird im Wesentlichen durch die Suche nach einem geeigneten Grundstück und die Frage, ob ein neues Gebäude zu errichten ist, bestimmt.

 

Arbeitsanfall beim Sozialgericht

 

Auf der Drucksache 18/22180 finden sich Zahlen zum Arbeitsanfall beim Sozialgericht Berlin im Jahr 2019, denen eine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (DIE LINKE.) zugrunde liegt. Die Jahre 2016 bis 2018 waren auf der Drucksache 18/17579 behandelt worden.

Die meisten der rund 27.000 Verfahrenseingänge des letzten Jahres betrafen Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II), nämlich knapp 12.000. Damit bilden die ALG II-Sachen mit weitem Abstand den größten Anteil der Eingänge. Es folgen Angelegenheiten der Krankenversicherung (gut 4.200), der Rentenversicherung (fast 3.000), der Sozialhilfe – einschließlich Asylbewerberleistungen – und des Schwerbehindertenrechts (je rund 2.000), der Arbeitsförderung (1.612) sowie des Kostenrechts (etwa 1.000). Bei den ALG II-Sachen sind jedoch auch die größten Veränderungen festzustellen: Von mehr als 18.000 Eingängen im Jahr 2016 sind die Zahlen stetig gesunken, im Vergleich zum Jahr 2018 noch einmal um mehr als 1.800 Eingänge.

Die gut 25.000 Erledigungen von Klageverfahren setzten sich im Wesentlichen wie folgt zusammen: Klagerücknahmen (8.768), angenommene Anerkenntnisse (7.183), Endurteile (knapp 3.000), instanzbeendende Gerichtsbescheide (2.588), gerichtliche Vergleiche (1.113). Die Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind ganz überwiegend durch Beschlüsse (2.008), angenommene Anerkenntnisse (1.259) oder Zurücknahmen (515) beendet worden; insgesamt gab es hier fast 4.000 Erledigungen.

Der Bestand an offenen Verfahren zum 1. Januar 2020 hat dadurch im Vergleich zum Ersten des Vorjahres abgenommen. Klageverfahren haben im Durchschnitt 15,6 Monate gedauert, Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchschnittlich einen Monat. Auf jeden Richter sind im Mittel 242,7 Verfahren entfallen. Über unbesetzte Richterstellen kann sich das Sozialgericht nicht beklagen; lediglich im Jahr 2016 war eine (neu geschaffene R 2-) Stelle für neun Monate unbesetzt, in den Jahren 2017 bis 2019 waren sämtliche Richterstellen besetzt.

 

Angriff auf die IT des Kammergerichts

 

Zur Vorgeschichte und Aufarbeitung des allseits bekannten „IT-Desasters am Kammergericht“ – so der Abgeordnete Sven Rissmann (CDU) in seiner Anfrage – hat der Senat auf der Drucksache 18/22497 Auskunft erteilt. Um Einzelheiten des Angriffs im letzten Jahr geht es dabei nicht. Vielmehr werden der bisherige Sonderweg des Kammergerichts im Verhältnis zum ITDZ als dem zentralen IT-Dienstleister des Landes Berlin und die Bemühungen im Nachgang des Angriffs knapp dargestellt. Eine Lehre aus dem Vorfall ist: „Es wurde festgestellt, dass die BSI-konforme Errichtung eines IT-Regelbetriebes im Kammergericht Berlin im Eigenbetrieb nicht umsetzbar ist.“

 

Stellung der Gesamtfrauenvertreterin

 

Am 18. März 2020 wollte der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses erneut über einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) beraten.

Auf der Drucksache 18/2358 hatte die FDP-Fraktion die Ausdehnung des Geltungsbereichs des LGG auf die Richterschaft vorgeschlagen. Hintergrund sind zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Oktober 2019 – 4 B 22.17 und 23/17 –, denen zufolge wegen der Geltung des LGG nur für Beamte und Angestellte die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz bei der Besetzung von Richterstellen nicht zu beteiligen sei. Zwischenzeitlich haben die Fraktionen von FDP, SPD, DIE LINKE. und Bündnis 90/Die Grünen eine ausgereifte Fassung des Entwurfs vorgelegt. Ob der Rechtsausschuss angesichts der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie am 18. März 2020 überhaupt noch getagt hat und die Gesetzesänderung somit zeitnah vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden kann, ist dem Internetauftritt des Abgeordnetenhauses nicht zu entnehmen. Der Landesverband Berlin des DRB hatte zuletzt in einer Pressemitteilung angemahnt, der Justizsenator möge in der Angelegenheit tätig werden.

 

Dr. Udo Weiß