Bis zum Juli 2011 richteten sich die Stufen der R-Besoldung nach dem Dienstalter, was dem Europarecht widersprach. Wegen der damit verbundenen Altersdiskriminierung wurde das Besoldungsrecht der Länder auf Erfahrungsstufen umgestellt. Die restriktiven Überleitungsregelungen in Berlin waren Gegenstand heftiger Streitigkeiten, viele erinnern sich sicherlich. Die Rechtsfragen sind hierzu mittlerweile geklärt, der Europäische Gerichtshof hat in der Besoldung der Beamtinnen und Beamten nach dem Lebensalter eine Diskriminierung gesehen (EuGH, Urt. v. 19.6.2014 – C-501/12 u.a.), was bei rechtzeitiger Rüge Anspruch auf eine AGG-Entschädigung gibt. Viele Mitglieder hatten Widerspruch gegen die Besoldung erhoben, die Widerspruchsverfahren sind vielfach ruhend gestellt worden. Im Jahr 2020 hat der EuGH der restriktiven Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Absage erteilt, wonach die Geltendmachung der Ansprüche binnen zwei Monaten nach Verkündung eines zu Arbeitnehmern ergangenen Urteils erforderlich gewesen sein soll (EuGH, Urt. v. 27.2.2020 – C-773/18 u.a.).
Ein Mitglied hat uns dankenswerter Weise darauf aufmerksam gemacht, dass abschließende Entscheidungen des Dienstherrn zu Anträgen wegen altersdiskriminierender Besoldung in der Zeit bis Juli 2011 noch immer fehlen. Auch wir hatten es im fortwährenden Besoldungsstreit aus den Augen verloren. Hintergrund der Nichtentscheidung ist aber auch eine noch ausstehende Einigung zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz. Dabei begrüßen wir es sehr, dass sich die Justizverwaltung gegen die Bedenken der Finanzverwaltung für eine großzügige Entscheidungspraxis einsetzt.
Wir haben die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz um Auskunft zu etwaigen Zwischenentscheidungen und den Fallzahlen gebeten und gefragt, wie aktuell die Anträge auf Entschädigung wegen altersdiskriminierender Besoldung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten für Zeiten bis zum 31. Juli 2011 bearbeitet werden, wie viele dieser Anträge bislang beschieden wurden, wie vielen Anträgen entsprochen wurde und wie oft gegen den Entschädigungsanspruch die Einrede der Verjährung oder der Verwirkung eingewandt wurde. Wir haben um Mitteilung gebeten, ob diese Einreden künftig erhoben werden, wenn ja für welche Fallgruppen, wann die Bearbeitung der Anträge voraussichtlich abgeschlossen sein wird und ob die Entschädigungsbeträge verzinst wurden oder werden. Wir werden über die Antwort berichten.
Dr. Stefan Schifferdecker