Bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder hatten sich Gewerkschaften und Länderarbeitgeber auf eine Entgeltsteigerung im Dezember 2022 von 2,8 Prozent und auf eine steuerfreie Sonderzahlung von 1.300 EUR für die Angestellten im Landesdienst geeinigt. Die Bonuszahlung soll bis März 2022 ausgezahlt werden, da die Steuerbefreiung bis dahin gilt. Fast alle Bundesländer haben das Tarifergebnis auch für die Beamten und Richter schnell und geräuschlos übernommen - weil es für sie besonders günstig ist. Sie profitieren im Wesentlichen von dem Umstand, dass Pensionäre für 23 Monate keine Erhöhung erhalten. Möglicherweise geblendet von der Steuerfreiheit haben sich die verhandelnden Gewerkschaften über den Tisch ziehen lassen. Das hat innerhalb der Gewerkschaften und Berufsverbände zu erheblichem Unmut geführt. Es bestehen nunmehr deutliche Zweifel, ob die verhandelnden Gewerkschaften die gesamten Interessen des öffentlichen Dienstes noch ausreichend im Blick haben. Ändern können wir es für diese Tarifrunde nicht mehr.
Eine Sonderlösung für die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger wird es nach unseren Informationen nicht geben können. Denn die Steuerfreiheit für die Sonderzahlung lässt sich nur damit begründen, dass ein individueller Ausgleich für die Belastungen während der Pandemie gewährt wird. Würden alternativ Leistungen für nicht im Dienst tätige Personen gewährt, würde die Steuerfreiheit insgesamt in Frage gestellt. Die Pensionen auch der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden somit – trotz der immensen Inflation – von Januar 2021 bis Ende 2022 unverändert bleiben.
Die Sonderzahlung wird gewährt, wenn das Dienstverhältnis am 29. November 2021 bestanden hat und mindestens an einem Tag zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 29. November 2021 (Tag der Tarifeinigung) ein Anspruch auf Dienstbezüge oder Anwärterbezüge bestand. Damit werden auch die vor dem Stichtag pensionierte Kolleginnen und Kollegen sowie jene in Elternzeit oder während der Beurlaubung ausgeschlossen – ein weiterer Nachteil der gewählten Lösung.
Dr. Stefan Schifferdecker