Pflegezeit jetzt auch für Berlins Beamte und Richter

Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Berliner Beamtinnen und Beamte regelt ab 30. Dezember 2018 Familienpflegezeit bzw. Pflegezeit „mit Vorschuss“

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2018 das „Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Berliner Beamtinnen und Beamte“ beschlossen, das noch Ende letzten Jahres in Kraft getreten ist (GVBl. 2018 S. 706). Damit ist endlich die auch vom Landesverband Berlin des DRB geforderte Angleichung des Beamtenrechts an die für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst schon seit dem 1. Januar 2015 geltende Rechtslage erfolgt. Herzstück des Gesetzes ist die Einfügung der §§ 54a ff. in das Landesbeamtengesetz (LBG).

Der neue § 54a Abs. 1 LBG sieht vor, dass Beamten auf Antrag Teilzeitbeschäftigung bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zur Pflege oder Betreuung eine Kindes unter 18 Jahren oder eines pflegebedürftigen Angehörigen zu bewilligen ist, wenn zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Darüber hinaus kann die Arbeitszeit nach Abs. 2 für höchstens zwölf Jahre sogar bis auf 30 % herabgesetzt werden.

In den §§ 54b und 54c LBG ist die Familienpflegezeit bzw. Pflegezeit „mit Vorschuss“ geregelt. Auf Antrag ist Teilzeitbeschäftigung mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden zur Pflege eines nahen Angehörigen oder Betreuung eines pflegebedürftigen Kindes für bis zu zwei Jahre zu gewähren, wenn zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen (§ 54b Abs. 1 LBG). Aus demselben Grund kann für höchstens sechs Monate Teilzeitbeschäftigung mit einer noch geringeren Arbeitszeit oder Urlaub ohne Dienstbezüge gewährt werden (§ 54c Abs. 1 LBG). Ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung bis zu drei Monaten besteht ferner für die Sterbebegleitung naher Angehöriger (§ 54c Abs. 2 LBG).

Was bei der Familienzeit und der Pflegezeit unter dem Zusatz „mit Vorschuss“ zu verstehen ist, ergibt sich erst aus dem ebenfalls neuen § 6a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin: Nach dessen Abs. 1 wird während der Teilzeitbeschäftigung – die natürlich mit einer geringeren Besoldung einhergeht – bzw. während des Urlaubs ohne Dienstbezüge ein Vorschuss geleistet, der danach mit den Bezügen zu verrechnen oder in einem Betrag zurückzuzahlen ist. Der Dienstherr gewährt also dem Beamten eine Art Darlehen, um die mit der Gehaltseinbuße verbundene Beschwer – die zu dem Aufwand mit der Pflege hinzukommt – abzufedern.

Die Regelung zum „Vorschuss“ sollte nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf nicht für Richter gelten. Deren Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung bis zur Hälfte des regelmäßigen Dienstes oder auf Urlaub ohne Dienstbezüge aus familiären Gründen ergibt sich nämlich aus § 4 des Berliner Richtergesetzes und nicht aus dem von der Regelung in Bezug genommenen LBG. Der Landesverband Berlin des DRB hat sich jedoch nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Richter nicht schlechter gestellt werden als Beamte. Bei dem Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dr. Dirk Behrendt, ist der Verband damit auf offene Ohren gestoßen. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat der Senator die Abgeordneten der Koalitionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE davon überzeugen können, dass zur Vermeidung einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung eine Änderung des Gesetzentwurfs geboten wäre.

Tatsächlich ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ein neuer § 6a Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin vorgeschlagen worden (vgl. Abgeordnetenhaus-Drucksache 18/1055-1) und schließlich Gesetz geworden. Nach Satz 1 kann nun auch Richtern für höchstens sechs Monate ein Vorschuss gewährt werden, wenn sie aus familiären Gründen Urlaub nehmen. Nach Satz 2 gilt Entsprechendes während einer bis zu dreimonatigen Sterbebegleitung. Geblieben ist es dabei, dass Richtern – anders als Beamten – aus familiären Gründen keine Teilzeitbeschäftigung von weniger als 50 % gewährt wird. Dieser Mittelweg ist erforderlich gewesen, um befürchtete Schwierigkeiten bei der Geschäftsverteilung der Gerichte zu vermeiden. Der Landesverband Berlin des DRB hält das für eine tragbare Lösung, da die freie Arbeitszeitgestaltung der Richter ohnehin einen besseren Umgang mit Pflegesituationen zulässt.

Zu erwähnen ist schließlich der neue § 7 Abs. 3 der Sonderurlaubsverordnung, der vorsieht, dass Sonderurlaub von bis zu neun Tagen unter Fortzahlung der Besoldung zu gewähren ist, wenn dies zur Organisation einer bedarfsgerechten Pflege eines nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation oder zur Sicherstellung einer pflegerischen Versorgung in dieser Zeit erforderlich ist.

 

Dr. Stefan Schifferdecker / Dr. Udo Weiß