Willkür bei der „Hauptstadtzulage“: Verwaltungsjuristen und Lehrer ja, Richter nein …

Durch die vom Senat im Rahmen der Haushaltsberatungen für den kommenden Doppelhaushalt beschlossene „Hauptstadtzulage“ sollen Beamte und Angestellte im Landesdienst bis einschließlich Gehaltsgruppe A13/E13 ab Herbst 2020 eine Zulage von 150 Euro brutto bekommen. Diese sollen sie in Form eines Tickets für BVG und S-Bahn plus Auszahlung der restlichen Summe oder wahlweise als Auszahlung der 150 Euro bekommen können. Nach den aktuellen Planungen soll die beabsichtigte „Hauptstadtzulage“ hingegen den Kolleginnen und Kollegen der Besoldungsgruppe R1 nicht gewährt werden. Der Senat scheint der Auffassung zu sein, dass Verwaltungsjuristen und Lehrer einer Zulage bedürfen, nicht aber die angeblich „gut bezahlten“ Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Dies ist ein weiterer Baustein in der vom Senat betriebenen schleichenden Entwertung der richterlichen und staatsanwaltlichen Arbeit. Besonders augenfällig wird dies bei einem Vergleich von nach Besoldungsgruppe R1 besoldeten Personen mit Grundschullehrerinnen und -lehrern. Traditionell wurden Grundschullehrerinnen und -lehrer im Beamtenverhältnis nach Besoldungsgruppe A12 besoldet. Sie verdienten am Anfang ihrer Laufbahn netto damit etwa 20 Prozent weniger als Kolleginnen und Kollegen des höheren Justizdienstes. Durch die Änderung der Bildungslaufbahnverordnung und die damit erfolgte Höhergruppierung von Grundschullehrerinnen und -lehrern und die übertarifliche Entlohnung angestellter Lehrkräfte in der Erfahrungsstufe 5 TV-L verdient eine angestellte Grundschullehrerin bzw. ein Grundschullehrer während der ersten sieben Jahre des Berufslebens (bei unterstellt gleichen Kosten für die Krankenversicherung) nunmehr bereits ohne „Hauptstadtzulage“ netto deutlich mehr als eine zeitgleich eingestellte Richterin oder Staatsanwältin.

Diese Differenz darf sich durch die Vorenthaltung der „Hauptstadtzulage“ nicht noch weiter erhöhen, denn die Mitarbeitenden des höheren Justizdienstes sind gerade in der Familiengründungsphase ebenfalls auf „jeden Cent“ angewiesen und benötigen die Hauptstadtzulage mindestens ebenso wie ein angestellter Grundschullehrer, eine Studienrätin oder eine Regierungsrätin. Für die Zuerkennung der „Hauptstadtzulage“ ist eine Unterscheidung zwischen den nach der Besoldungsgruppe R und A Entlohnten sowie zwischen Richterinnen und Richtern und angestellten Lehrern jedenfalls in den ersten Berufsjahren schlechterdings nicht zu rechtfertigen.

In einem gemeinsam mit dem Verein der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter in Berlin verfassten Schreiben haben wir daher den Senat aufgefordert, die „Hauptstadtzulage“ auch im Einstiegsamt des höheren Justizdienstes zu gewähren.

 

Dr. Patrick Bömeke