Videoausstattung der Gerichte
Videoausstattung der Gerichte
Die Arktis IT solutions GmbH hat die eine Gerichtssaallösung entwickelt, die sind insbesondere an den Bedürfnissen der Richterinnen und Richter ausrichtet. Über die Herausforderungen bei Planung und Umsetzung haben wir mit dem Vertriebsleiter gesprochen.
Herr Hesterberg, Ihr Unternehmen stattet Gerichtssäle in Deutschland mit Videotechnik aus. Welche Ausstattungsmerkmale hat ein perfekter videofähiger Gerichtssaal Ihrer Ansicht nach?
Ein optimal ausgestatteter videofähiger Gerichtssaal sollte über folgende Merkmale verfügen: Eine Vorsitzenden-Steuerung ermöglicht es den Vorsitzenden, Inhalte vor der Freigabe zu überprüfen und zu sichern, um eine kontrollierte und sichere Präsentation zu gewährleisten. Eine öffentliche Anzeige gestattet das Teilen von Akteninhalten, die Visualisierung und das interaktive Bearbeiten von Informationen während der Verhandlung. Alle Ergebnisse müssen zudem in der elektronischen Akte gespeichert werden können. Wichtig ist auch, dass von der Richterbank andere Medien einfach gesteuert werden können, beispielsweise der Aufruf von Zeugen, die Steuerung der externen digitalen Sitzungsrolle, das Saallicht und die Jalousien. Gute Hard- und Softwarelösungen müssen ermöglichen, Videokonferenzen mit nahezu jeder Software durchzuführen. Für eine optimale Verhandlung ist es zudem entscheidend, dass mindestens zwei Kameras eingebunden werden können, die unterschiedliche Perspektiven ermöglichen. Hierdurch wird nicht nur den rechtlichen Ansprüchen entsprochen, sondern wird den extern zugeschalteten Beteiligten eine bessere Möglichkeit gegeben, dass Geschehen im Sitzungssaal zu verfolgen.
Darüber hinaus empfehlen wir, die Sitzungssaallösungen zentral managen zu können. Ich meine damit die Möglichkeit, dass IT-Betreuer schnell auf mögliche technische Ausfälle reagieren können sowie außerhalb der Sitzungen proaktiv die technischen Hardwarekomponenten überwachen und zielgerichtet warten können. Das erhöht die Stabilität des Gesamtsystems deutlich.
Haben Sie diese Vollkomfort-Variante schon einmal verbaut?
Ja, die ARKTIS IT solutions GmbH hat bereits über 300 Gerichtssäle in Deutschland mit diesen umfassenden digitalen Gerichtssaallösungen ausgestattet. An vielen Gerichten sind zudem maßgeschneiderte technische Lösungen im Einsatz. Hierbei haben wir immer auf eine hohe Standardisierung geachtet, sodass einerseits ein sicherer Betrieb gewährleitet wird, andererseits aber nicht die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender aus dem Auge verloren werden. Uns ist es wichtig, trotz eines hohen Standards die individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen und keine der verschiedenen Rollen zu benachteiligen, damit meine ich beispielsweise Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder sonstige Parteien.
Sind Sie der Ansicht, dass die Bundesländer genug in die gerichtliche Videotechnik investieren?
Obwohl es Fortschritte gibt, sehen rund 90 Prozent der deutschen Richterinnen und Richter die Digitalisierung der Justiz noch in den Kinderschuhen. Die Transformation scheitert oft an veralteter Technik und fehlender Schulung. Es besteht also noch erheblicher Investitionsbedarf seitens der Bundesländer, um die Justiz zukunftsfähig zu gestalten.
Dabei weise ich bei der Beratung stets auf die Bedeutung potenzieller, zukünftiger Technologien hin. Deren möglicher Einsatz muss schon jetzt berücksichtig werden, um die Arbeit der Richterinnen und Richter künftig effizienter gestalten und bei der Entscheidungsfindung unterstützen zu können.
Obwohl schon viel in die Videotechnik der Justiz investiert wurde und wird, gibt es Verbesserungsbedarf.
Wie lange dauert es durchschnittlich von einer Anfrage bzw. Ausschreibung bis zur Realisierung? Was war dann die längste Realisierungszeit?
Die Dauer variiert je nach Projektumfang und hängt von den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Bundeslandes oder einzelnen Gerichts ab. Faktoren wie die Größe des Gerichts, spezifische technische Anforderungen und notwendige bauliche Anpassungen beeinflussen die Realisierungszeit erheblich.
Während durchschnittliche Projekte innerhalb weniger Monate abgeschlossen werden können, gibt es komplexere Vorhaben, die bis zu einem Jahr oder länger in Anspruch nehmen können. Man darf nicht vergessen, dass ein Projekt erst die Planung sowie eine Ausschreibung voraussetzt und nach der Auftragsvergabe die teils aufwändige Installation und die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgen.
Können Sie genauere Zeitrahmen nennen?
Wir haben Projekte durchgeführt, in denen wir innerhalb von 4 Monaten rund 130 Sitzungssäle innerhalb eines Flächenlandes ausstatten konnten. In einem anderen Fall haben wir rund 160 Sitzungssäle inkl. baulicher Maßnahmen innerhalb von 18 Monaten umgesetzt. Leider hatten wir in der Vergangenheit auch schon Fälle, in denen wir bis zu 2,5 Jahre allein auf die Ausschreibung warten mussten, was für ein mittelständisches Unternehmen eine Herausforderung darstellen kann.
Was sind Gründe für solch langwierige Prozesse?
Dies kann unterschiedliche Gründe haben. In den seltensten Fällen geht es dabei um die Finanzierungsfrage. Meistens sind es um politische Gründe oder Fragen einer rechtsicheren Vergabe und der damit einhergehenden Herausforderungen. Die doch teils langwierigen Vergabeverfahren und die daraus resultierende späte Umsetzung frustrieren die Anwenderinnen und Anwender merklich.
Der Ärger im Gericht ist besonders auffällig, wenn nur ein Sitzungssaal mit Videotechnik ausgestattet wurde und die Richterinnen und Richter alle gerne diesen Saal nutzen wollen, aber nicht können. In solchen Fällen wird sehnlichst auf weitere Ausstattungen gewartet und ist das Verständnis für die Verzögerung in der Regel gering.
Das bedeutet zusammengefasst: öffentliche Ausschreibungen und Vergabeverfahren sind oft zeitaufwändig und komplex (bürokratische Hürden), jedes Gericht hat spezifische Bedürfnisse, die maßgeschneiderte Lösungen erfordern (individuelle Anforderungen), dann können Anpassungen an bestehende Infrastruktur zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen (bauliche Anforderungen) und schließlich muss im Umgang mit der neuen Technik geschult werden, was ebenfalls Zeit benötigt.
Diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Umsetzung von Projekten mitunter zeitintensiv sein kann. Für die Digitalisierung der Gerichtssäle müssen manchmal wirklich dicke Bretter gebohrt werden.
Was kostet branchenüblich eine gute Ausstattung eines Gerichtssaals ungefähr?
Die Kosten hängen natürlich von den spezifischen Anforderungen ab, sie variieren stark. Für die Ausstattung eines Gerichtssaals mit moderner Videotechnik kann man branchenüblich mit Investitionen im mittleren fünfstelligen bis niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich rechnen. Dies hängt individuell an der Standardisierung, der Menge und der daraus resultierenden Rolloutgeschwindigkeit. Für die Ausstattung eines einzelnen Sitzungssaals entstehen in aller Regel höhere Kosten, als wenn mehrere hundert Säle geplant werden können und sich hierdurch die Overheadkosten minimieren. Dies sind insbesondere Kosten für Hardwareprodukte, welche natürlich bei einem höheren Abruf bei Herstellern zu einem besseren Preis führen.
Was kann die Justiz besser machen, um schneller eine bessere Ausstattung zu erhalten?
Für eine effizientere Ausstattung der Gerichtssäle kann ich drei Punkte benennen: zum einen könnte die Einführung standardisierter Ausschreibungs- und Vergabeverfahren die Prozesse beschleunigen. Ferner kann eine frühzeitige Einbindung von Technikexperten bereits in der Planungsphase spätere Anpassungen minimieren und den Blick für potentielle technischen Ausstattungsvariante öffnen. Schließlich fördern regelmäßige Schulungen des Personals im Umgang mit neuer Technik die Akzeptanz und den effizienten Einsatz.
Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit mit der Justiz?
Für unsere Zusammenarbeit mit der Justiz wünschen wir uns eine offene Kommunikation, klare Anforderungen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, um gemeinsam die bestmöglichen Lösungen zu realisieren. Wir erleben immer wieder, dass unserer Erfahrungen aus den vergangenen Jahren zu einer neuen Sichtweise bei den Entscheidern führt, da wir in über 6 Bundesländern aktiv sind und ganz unterschiedliche Anforderungen bedienen können. Mit diesen Erfahrungen sind wir in der Lage, unsere Lösung stetig weiterzuentwickeln und auch einen Ausblick in die mögliche Zukunft zu geben.
Ein offener Austausch ist aus unserer Sicht deshalb so wichtig, da wir überzeugt sind, dass Justiz und Wirtschaft nur im partnerschaftlichen Kontext die Herausforderungen meistern können. Es braucht dafür Mut, gemeinsam Lösungsansätze in der Praxis zu erproben, damit echte Ergebnisse aus der Praxis bei der Konzeptionierung berücksichtig werden können. Nur theoretischen Planspiele über zukünftige Ausstattungsvarianten zu führen, kostet Zeit und erscheint mir oft nicht effektiv.
Wie nehmen Sie die Mitwirkung der Richterschaft wahr – zu vorsichtig und konservativ oder unrealistisch fordernd?
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Richterschaft grundsätzlich offen für digitale Innovationen ist. Es gibt jedoch verständliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, zur Datensicherheit und der Praktikabilität neuer Systeme im Alltag. Ein ausgewogener Dialog und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse der Richterschaft sind daher essenziell für den Erfolg der digitalen Transformation. Darauf legen wir bei unserer Arbeit großen Wert.
Sollten Ihre Kolleginnen oder Kollegen Interesse an einer Vorstellung unserer Lösungen haben, lade ich sie gerne nach Spandau ein, um Hands-on die Lösung zu erleben und im gemeinsamen Austausch über möglich Anforderungen für die Zukunft zu fachsimpeln!
Herzlichen Dank für den Einblick in Ihre Arbeit, die Einladung und die offenen Worte. Viel Erfolg für Ihr Unternehmen. Wir wünschen Ihnen – und auch uns – viele neue, gut ausgestattete Gerichtssäle.
Das Interview führte Dr. Schifferdecker