Berufsziel Justiz? Kommt drauf an

Der Landesverband Brandenburg hat die Referendare im Land befragt:

Wie präsentiert sich die Brandenburger Justiz? Was hält sie davon ab, Richter oder Staatsanwalt zu werden? Der Artikel nimmt eine erste Auswertung vor.

Die Brandenburger Justiz befindet sich mitten in einem Generationenwechsel. Ähnlich wie in anderen ostdeutschen Bundesländern stehen viele Kolleginnen und Kollegen vor dem Eintritt in den Ruhestand. Der Höchststand der Altersabgänge steht dabei noch bevor. Die damit einhergehende, zunehmende Bedeutung von Maßnahmen der Personalgewinnung und -bindung war bereits Hintergrund der Zukunftskonferenz Justiz (1). Um auch zukünftig interessierte und geeignete Assessoren für die Justiz gewinnen zu können, haben wir darüber hinaus mit einer Online-Umfrage im Frühjahr 2025 versucht, die Bedürfnisse und Hemmnisse der aktuellen Referendare zu erfassen. Dieser Artikel stellt die Ergebnisse dar und versucht Empfehlungen abzuleiten.

Von aktuell etwa 340 (2) haben sich über 110 Referendare an der Umfrage beteiligt. Wenig überraschend fand sich der Großteil von ihnen in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen wieder (73 %; 30- bis 39-Jährige: 23 %), 23 % gaben an, eine juristische Zusatzqualifikation zu haben, 7 % haben jeweils ein abgeschlossenes Studium in einem anderen Fach und eine abgeschlossene Ausbildung angegeben. Zu den beruflichen Vorerfahrungen befragt, gaben die Teilnehmer neben (vielfältigen) Studentenjobs (58 %) längerfristige Tätigkeiten (jeweils über 9 Monate) in Kanzleien (46 %), in einer anderen Branche (24 %) und in Behörden (20 %) an. Erfreulich für die Aussagekraft der Angaben ist ferner, dass sich Referendare aller Stationen an der Umfrage beteiligt haben.

Als ersten Ansatzpunkt für die Nachwuchsgewinnung haben wir die Referendare befragt, was für sie bei der Berufswahl wichtig ist. Wenig überraschend und in Übereinstimmung mit den bisherigen Aktivitäten des Landesverbands zeigt sich, dass einer von vier Hauptfaktoren für die Referendare danach
das Gehalt bzw. die Besoldungshöhe ist (3).

Auf einer Skala von 1 bis 5 (1: nicht festgelegt; 5: Einstiegsjob nach dem Referendariat ist nahezu sicher) zeigt das Ergebnis, dass der überwiegende Teil noch nicht sehr festgelegt ist. Der Mittelwert lag bei 2,8. Betrachtet man nur die Antworten der Referendare, die sich in der letzten Station, der Wahlstation befinden (24 Antworten), liegt der Mittelwert sogar bei nur 2,7. Im Durchschnitt fühlen sich die Referendare recht gut über die Brandenburgische Justiz informiert. Die Antwort auf die Frage, ob man im Referendariat bereits einen guten Einblick in die Brandenburgische Justiz bekommt (1: nein; 5: könnte nicht besser sein), lag im Durchschnitt bei 3,5. Bei der Selbsteinschätzung darüber, ob sie genug über das Berufsbild Richter / Staatsanwalt wissen (1: nein; 5: ich weiß alles, kenne auch die Besoldungstabellen), gaben die Referendare 3,4 als Durchschnittswert an.

Allerdings kann die Brandenburger Justiz nach Ansicht der Teilnehmer bei den Referendaren mehr um Nachwuchs werben. Die entsprechende Frage nach einem entsprechenden Mehrbedarf (1: stimme nicht zu; 5: stimme vollständig zu), beantworten die Teilnehmer im Schnitt mit 3,8. Dabei wurden auch konkrete Ideen genannt, wie Informationsveranstaltungen und Seminare für Referendare, in denen man einen ergänzenden Einblick in die Justizlaufbahn gewinnen kann, bessere Ausbildungen, attraktivere, konkurrenzfähigere Besoldung, bessere Digitalisierung und generell ein wertschätzendes, aufgeschlossenes Auftreten gegenüber den Referendaren. Insgesamt zeigen die Antworten auf die Frage, ob die Justiz für sie als Arbeitgeber in Betracht kommt (1: nein; 5: ich will unbedingt Richter / Staatsanwalt werden), mit einem Durchschnittswert von 3,1 an, dass grundsätzliche viele Teilnehmer daran interessiert sind. Der Wert liegt in der Teilgruppe derjenigen, die sich in der Anwalts- und Wahlstation befinden sogar leicht höher (3,2). Dabei zeigen die Antworten auf die Frage, ob man sich eher für die Richterschaft oder den Beruf als Staatsanwaltschaft entscheiden würde, eine Tendenz in Richtung Richterschaft.

Interessant sind auch die Antworten auf die Frage, was die Referendare von einer Bewerbung als Richter oder Staatsanwalt abhält; auch hier taucht neben dem örtlichen Aspekt und der Spezialisierung das Thema Besoldung weit oben auf. Dem gegenübergestellt zeigen die Antworten auf die Frage nach den Aspekten, die für eine Bewerbung als Richter bzw. Staatsanwalt sprechen (vgl. Grafik auf der folgenden Seite), dass es durchaus eine Vielzahl von Belangen gibt, mit denen für die Karriere in der Justiz geworben werden kann.

Aus Sicht des DRB Brandenburg zeigen die Antworten insgesamt, dass viele der derzeitigen Referendare sich ihre berufliche Zukunft in der Justiz vorstellen können. Zudem kann die Brandenburger Justiz genau mit den Aspekten aufwarten, die für die Referendare bei der Berufswahl entscheidend sind. Wir können sinnstiftende Tätigkeit bei flexiblen Arbeitszeiten und einer guten Vereinbarkeit von Beruf, Freizeit und Familie bieten. Dieses Interesse gilt es zu nutzen, um gute Bewerber zu bekommen und auch zukünftig eine qualitativ hochwertige Justiz in Brandenburg gewährleiten zu können. Um noch mehr Referendare für eine Bewerbung zu motivieren, lohnt es sich aber auch, auf die konkreten Bedenken und Hemmungen zu blicken, die sich aus den Antworten ableiten lassen. Sicher können einige Aspekte, wie die mit der Struktur als Flächenland einhergehenden Fahrtwege nicht durch die Justiz beiseitegeschafft werden. Andere Aspekte, wie der mehrfache genannte Wunsch nach einer guten, digitalen Ausbildung, bei der neben der Examensvorbereitung auch vermittelt wird, dass man sich um den juristischen Nachwuchs bemüht, sind aber in der Hand der Justiz und dafür sicher elementar. Zusätzlich dürften auch Informationsveranstaltungen zum Thema Bewerbungsprozess und Berufseinstieg förderlich sein. Schließlich bleibt eine konkurrenzfähige Besoldung zentral! Für weitere Maßnahmen werden die ausformulierten Antworten ergänzend zu dieser Kurzauswertung, selbstverständlich anonymisiert, auch dem Brandenburgischen OLG zur Verfügung gestellt. Welche Aspekte noch eine Rolle spielen und welche Handlungsoptionen noch ergriffen werden können, diskutieren wir zudem gern auch mit Ihnen bei unserer Veranstaltung am 16. Oktober 2025 zum Thema „Attraktivität der Brandenburger Justiz“. Melden Sie sich gern an unter: https://gstoo.de/ZukunftBbgJustiz . 

Dr. Stephan Kirschnick

1) Vgl. dazu: Grundmann/Keyserling, Zukunft in der Justiz – Brandenburg als attraktiver Arbeitgeber, DRiZ 2025, 244.

2) Vgl. Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage Nr. 544 des Abgeordneten Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) vom 8. September 2025 2025, parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/drs/ab_1700/1704.pdf 

3) Pressemitteilung Nr. 1/25 vom 19. Mai 2025, Gutachten im Auftrag des DRB-Brandenburg belegt: Besoldung der Richter und Staatsanwälte in Brandenburg im untersuchten Zeitraum (2023–2025) verfassungswidrig Pressemeldung Nr. 1/25 - Landesverband Brandenburg