Der vorgelegte Entwurf hat zu großer Unruhe geführt.
Der vorgelegte Entwurf hat zu großer Unruhe geführt.
Der Entwurf des Gesetzes über die Anhebung der Altersgrenzen und Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften war lange erwartet worden. Der vorgelegte Entwurf hat – trotz der langjährigen Ankündigung und trotz der Nachvollziehbarkeit des damit verfolgten Ziels – für große Unruhe bei den Kolleginnen und Kollegen geführt. Wir stellen den Entwurf nachfolgend vor.
Anhebung der Altersgrenzen
Nach dem Entwurf soll die bisherige Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre angehoben werden. Für die pensionsnahen Jahrgänge werden Übergangsfristen geschaffen, die ab 2026 eine Anhebung der Regelaltersgrenze um drei Monate je Lebensjahr vorsehen. Erstmals betroffen sind damit Kolleginnen und Kollegen, die im Jahr 1961 geboren wurden. Die Überleitung soll im Jahr 2033 vollendet sein, Kolleginnen und Kollegen, die im Jahr 1968 oder später geboren wurden, müssen in der Regel bis 67 arbeiten. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes gesetzlich bestimmt ist (dazu sogleich), treten Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit (einschließlich der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte) sowie Richterinnen und Richter mit dem Ende des Monats, in dem sie die Regelaltersgrenze erreichen, in den Ruhestand. Lehrkräfte treten mit Ablauf des Schuljahres oder Semesters, in dem sie die Altersgrenze erreichen, in den Ruhestand.
Die sogenannte Antragsaltersgrenze ab dem vollendeten 63. Lebensjahr für die Versetzung in den Ruhestand wird beibehalten, also nicht parallel angehoben. Jedoch wird der maximale Versorgungsabschlag auf 14,4 Prozent erhöht. Damit ist auf Antrag ein Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bereits vier statt nur zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze möglich – jedoch mit höheren Abschlägen.
Die besondere Antragsaltersgrenze für schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen soll stufenweise von 60 auf 62 angehoben werden, wobei der maximale Versorgungsabschlag in Höhe von 10,8 Prozent beibehalten wird. Auch hier sind Überleitungsstufen vorgesehen. Danach müssen erstmals schwerbehinderte Kollegen drei Monate länger arbeiten, die 1966 geboren wurden, bis zum 62. Lebensjahr müssen dann schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen arbeiten, die nach 1972 geboren wurden.
Hinausschieben des Ruhestandes
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte können den Ruhestand weiterhin um maximal drei Jahre hinausschieben, jedoch nicht über das vollendete 70. Lebensjahr hinaus, in der Überleitungsphase um maximal drei Jahre, d.h. nicht bis 70. Voraussetzung ist das Vorliegen eines dienstlichen Interesses, wozu auch organisatorische, personelle und fiskalische Interessen gehören. Für Richterinnen und Richter ist die Verlängerungsmöglichkeit weiterhin nicht vorgesehen, auch kein Verzicht auf eine Besserstellung durch die Überleitung der Altersgrenze von 65. zum 67. Lebensjahr.
Frühzeitige Pensionierung mit Abschlägen
Die Kolleginnen und Kollegen können auf Antrag früher in den Ruhestand treten. Die Minderung beträgt 3,6 Prozent des Ruhegehaltes für jedes Jahr des früheren Ruhestandes. Die Höchstgrenze der Abschläge beträgt 14,4 Prozent bei Dienstunfähigkeit (jedoch ohne Beruhen auf einem Dienstunfall) 10,8 Prozent. Gilt eine vor der Vollendung des 65. Lebensjahres liegende Altersgrenze (also 65 plus X in der Überleitungsphase oder das 63. Lebensjahr) gilt diese.
Keine abschlagsfreie frühere Pensionierung
Beamtinnen und Beamte können – entsprechend der Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung – auf Antrag abschlagsfrei in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie eine Dienstzeit von 45 Jahren vorweisen können. Zudem wird in den Fällen, in denen beamtete Kolleginnen und Kollegen vor Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt werden, das Ruhegehalt nicht durch einen Versorgungsabschlag vermindert, wenn sie zum Beginn des Ruhestandes das 63. Lebensjahr vollendet und eine Dienstzeit von 40 Jahren erreicht haben.
Hierzu bestimmt der Entwurf, dass zu diesen Dienstjahren nur die ruhegehaltfähige Dienstzeiten nach den §§ 6, 8 bis 10 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes (LBVersG) sowie nach § 14a Absatz 2 Satz 1 LBVersG berücksichtigungsfähige Pflichtbeitragszeiten und Kindererziehungszeiten (§ 50d LBVersG) gehören. Das ist die regelmäßige ruhegehaltfähige Dienstzeit, d.h. die Dienstzeit, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamten- oder Richterverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 LBVersG). Zur Dienstzeit gehören ferner Zeiten des berufsmäßigen Wehrdiensts und vergleichbare Zeiten (§ 8 LBVersG) sowie Wehrdienstzeiten (§ 9 LBVersG, zu denen wohl auch Zivildienstzeiten gehören). Angerechnet werden auch Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 10 LBVersG, z.B. Zeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni).
Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung werden bei der Berechnung der Dienstzeit in vollem Umfang berücksichtigt. Soweit sich bei der Berechnung Zeiten überschneiden, sind diese nur einmal zu berücksichtigen.
Der Haken: Die in § 11 und 12 LBVersG genannten Zeiten, die bei der Ermittlung ruhegehaltsfähiger Zeiten für die Pension berücksichtigt werden, werden nach dem Entwurf nicht als Dienstzeiten gezählt, um ohne Abschläge nach 45 bzw. 40 Jahren in Pension gehen zu können. Das sind u.a. Zeiten, während der ein Beamter oder Richter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis als Rechtsanwalt oder Verwaltungsrechtsrat oder als Beamter oder hauptberuflich im Dienst von kommunalen Spitzenverbänden oder ihren Landesverbänden sowie von Spitzenverbänden der Sozialversicherung oder ihren Landesverbänden tätig war. Nicht berücksichtigt werden auch Ausbildungszeiten (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit). Damit wird es nach unseren Berechnungen wegen der langen Ausbildungs- und Referendariatszeiten den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie den Richterinnen und Richtern nicht möglich sein, abschlagsfrei vorzeitig in Pension zu gehen. Während den Wachtmeisterinnen und Wachtmeistern und den beamteten Kolleginnen und Kollegen der Geschäftsstellen die Ausbildungszeiten im Beamtenverhältnis bei der Prüfung der Frühpensionierung angerechnet werden, scheidet eine solche Möglichkeit für den höheren Dienst aus. Das empfinden wir nicht als gerecht.
Diese Ausnahme war uns wegen der komplizierten Verweistechnik im Entwurf zunächst nicht aufgefallen. Die Kolleginnen und Kollegen des Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrates haben den „Haken“ zuerst entdeckt – aber auch nach Ablauf der Stellungnahmefrist. Wir haben unsere Stellungnahme nun ergänzt und mit Nachdruck eine Gleichbehandlung gefordert. Ob es sich bei der Regelung um einen Fehler oder um eine bewusste Benachteiligung handelt ist nicht klar. Nach unserer Einschätzung spricht mehr dafür, dass die Anrechnung der langen Ausbildungszeiten des höheren Dienstes bewusst nicht berücksichtigt werden sollte.
Längere Beurteilungszeit
Die Dauer, in der Beurteilungen erteilt werden, wird von bislang 50 Jahren auf 58 Jahre verlängert.
Sonstige Regelungen
Der Entwurf sieht ferner Änderungen bei Teilzeit und Beurlaubung aus familiären Gründen vor (Notwendigkeit einer Pflegebescheinigung, Verlängerung der Beschränkung auf 15 Jahre) und senkt die Antragsanforderungen bei Familien-/Pflegezeiten.
Dr. Stefan Schifferdecker